Krief – Chemical Trance

Krief
(c) Julie Clermont

Fast zeitgleich mit seiner Hauptband The Dears veröffentlicht Patrick Krief ein neues Soloalbum. Auf dem Vorgänger „Dovetale“ suchte der kanadische Sänger und Songwriter eine freudige, hoffnungsvolle Antwort auf die Finsternis bisheriger Alleingänge und fand ein beseeltes Lächeln vor. Den Nachfolger „Chemical Trance“ nennt er eine Art Ayahuasca-Reise, die Konfrontation mit den dunkelsten Dingen der eigenen Vergangenheit in überspitzter Form. Erlösung gibt es erst am Ende dieses durchgängigen Hörerlebnisses.

Alleine schon der Titel des Openers lässt keine Zweifel aufkommen, wohin besagte Reise zieht. „I Am The Pillar Of Darkness In Your Life“ geht in mehrfacher Hinsicht unter die Haut. Die leise, beinahe flüsternde Auftaktminute mit Beatles-Querverweisen kommt gut, danach ergibt sich ein spaciger und doch kompakter Rocksong, eine Art Floyd Noir, wenn man so will. Ähnlich großartig, bizarr schillernd: „I Love You Just The Same“ sucht nach der großen Melodie und lässt die anfängliche Piano-Ballade langsam anschwellen.

Besonders stark ist die neue Platte in den wuchtigen, nahezu endlosen Kapiteln. „The Light Between Your Eyes“ knackt sogar die Sechs-Minuten-Marke und häutet sich gleich mehrfach. Wütender, bärbeißiger Rock trifft auf psychedelische Jams, komprimierte Fragilität und Hexerei an der Lead-Gitarre. Hingegen kommt „Line Stepper“ erst recht spät in die Gänge, bäumt sich in aller butterweicher Sorgfalt auf und lässt in der finalen Minute die Sau raus. All das mündet im zarten Hoffnungsschimmer „Never Without You“ mit dem instrumental Wurmfortsatz „Gyp Million Star“. Die finale Idee, so Krief, sei nicht dunkel, sondern friedlich.

Und so endet die Reise des Patrick K. mit einer angedeuteten Schleife, welche in eine eben solche führt – man kann sich diese gut 33 Minuten endlos und in Dauerrotation anhören, denn alles ist eitel und alles macht Sinn. „Chemical Trance“ wurde als Kopfhörererlebnis konzipiert und lässt sich auf diese Weise gewiss optimal rezipieren. Das Spiel mit Laut-Leise-Dynamik, die plötzlichen Wendungen, feinen Details – all das verlangt förmlich nach eindringlichem Hörgenuss. Und so blüht Kriefs neues Album auf Raten auf – vielleicht nicht ganz so eingängig und kraftvoll wie „Dovetale“, dafür auf andere Weise energischer, kraftvoller und als Langzeit-Wegbegleiter ausgemacht.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 14.08.2020
Erhältlich über: Indica Records (Universal Music)

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