The Naked And Famous – Recover
Mit ihrem Debütalbum „Passive Me, Aggressive You“ gingen die Neuseeländer The Naked And Famous förmlich an die Decke. Zwei waschechte Airplay-Hits, ausverkaufte Touren und große Support-Slots machten die Band von der kleinen Insel quasi über Nacht weltberühmt. Die Nachfolger waren nicht schlecht, schafften es aber nur selten, die Magie des Einstands zu erreichen. In den letzten Jahren schrumpfte das Quintett zum Duo zusammen, einzig die beiden Sänger und Klangschmiede Alisa Xayalith und Thom Power blieben übrig. Das wirkt sich gewissermaßen auch auf den Sound des neuen Albums „Recover“ aus.
Tracks wie „Come As You Are“ sind recht typisch für diese Platte – insgesamt eine Spur ruhiger, gefestigter, vielleicht sogar nachdenklicher. Die kleine Inklusivitätshymne bewegt und bleibt hängen. Ähnliches gilt für „(An)Aesthetic“, Powers Aufarbeitung seiner Nahtoderfahrung aufgrund einer Blutvergiftung. Komplette Reduktion, zartes Blubbern und nicht minder zurückhaltende Vocals überraschen im ersten Moment, bleiben aber hängen – eine wunderbare Variante eines vertrauten Motives.
Natürlich können The Naked And Famous immer noch Dampf machen, bloß setzen sie entsprechende Exkurse deutlich bewusster ein. „Sunseeker“ hat das Potenzial zum kleinen Sommerhit – vielleicht nicht ganz so überdreht und aufgeblasen wie in der Vergangenheit, aber doch toll. Das legere „Everybody Knows“ hätte durchaus auf das Debüt gepasst, bäumt sich etwas auf und liefert einen absoluten Killer-Refrain. Für „Death“ kollidiert eine feine Prise verfremdeter Chillwave mit zurückhaltendem Electro-Pop, was mindestens so prima klappt wie der Kinderchor im ansonsten gemächlichen Opener „Recover“.
Und so klingen The Naked And Famous ein wenig anders, ohne sich zu verbiegen oder – verknappte Besetzung hin oder her – gar eine andere Band zu sein. Anstatt, wie auf „Simple Forms“, oftmals vergeblich der schillernden Grandezza ihres Einstands hinterher zu jagen, kommt das Duo auf „Recover“ immer wieder wunderbar auf den Punkt. Der insgesamt eine Spur ruhigere, ernste Ansatz bekommt den Neuseeländern gut und befreit sie endgültig vom überlebensgroßen Erbe ihrer Anfänge. Ehrliche, bewegende und häufig aufwühlende Songs, von der einen oder anderen Pop-Granate unterstützt, rücken die kreative Energie in den Mittelpunkt und klingen schlicht und ergreifend gut. The Naked And Famous haben endlich wieder festen Boden unter den Füßen und sind sie selbst geworden. Das verdient Applaus.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 24.07.2020
Erhältlich über: Somewhat Damaged (Rough Trade)
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