The Beths – Jump Rope Gazers

The Beths
(c) Mason Fairey

Der Release von „Future Me Hates Me“ machte Musik zum Vollzeitjob für The Beths. Das beschauliche Indie-Leben war für das Quartett aus Auckland in Neuseeland plötzlich vorbei, man heimste überschwängliche Rezensionen ein und tourte in Übersee, unter anderem als Support der Pixies und von Death Cab For Cutie. Sängerin und Gitarristin Elizabeth Stokes schrieb den Nachfolger zwischen den Touren, von Ungewissheit und Ängsten ob des Aufbruchs in eine neue (musikalische) Welt geprägt. Zwischen Selbstbewusstsein und Selbstzweifeln breitet der Zweitling „Jump Rope Gazers“ seine mitreißenden Schwingen aus.

Besagte Vorsicht vor dem Hochmut äußert sich bereits im Opener „I’m Not Getting Excited“. Der Name ist Programm, die forsche Gitarre springt dennoch frontal an. Stokes spuckt ihre Zeilen zum punkigen Auftakt förmlich aus, danach glätten sich die Wogen. Es wird melodischer und harmonischer, ohne jedoch diese schroffe Gefährlichkeit zu verlieren. „Out Of Sight“ nimmt hingegen in etwas gemächlicheren Gefilden Platz und betont das eine Spur stärker ausgeprägte Pop-Appeal des Zweitlings. Nach wie vor ackern die Gitarren vorne mit, bloß in einem abgewandelten Wave-Kontext. Das überrascht zunächst, brennt sich aber schnell ein.

Insgesamt lassen The Beths auf diesem neuen Album mehr zu, zeigen sich mutiger, obwohl die Texte das nicht immer reflektieren. „Mars, The God Of War“ fusioniert sämtliche Welten mit einer großartigen Hook, die sich sukzessive aus dem hibbeligen Arrangement schält. Für den ellenlangen Titelsong „Jump Rope Gazers“ sucht man sich etwas nachdenklichere Töne aus und weckt gewisse Erinnerungen an die Cranberries. Von derlei 90s-Schlagseite bleibt wenig, denn bereits das anschließende „Acrid“ holt wütende, verzerrte Gitarren aus dem Schrank und liefert eine fieberhafte Antwort. Und doch findet der Rausschmeißer „Just Shy Of Sure“ wieder zurück zum Retro-Schönklang.

Besagte Selbstzweifel sind unberechtigt. War der Einstand bereits ein überaus unterhaltsames Kleinod, so ist der Nachfolger die perfekte Antwort auf die ereignisreichen letzten Jahre. „Jump Rope Gazers“ nimmt den Live-Schwung mit, verarbeitet neue Eindrücke und bleibt im Innersten dennoch tief in der eigenen Szene verankert. The Beths schreiben richtig gute, anspornende, mitreißende Tracks ohne Durchhänger. Insgesamt vielleicht eine Spur poppiger angelehnt, behalten sie sich ihren ureigenen Charme und ackern sich mit Rückenwind durch ein alles andere als schweres zweites Album. Feuerprobe mehr als bestanden.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 10.07.2020
Erhältlich über: Car Park Records (Indigo)

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