Protomartyr – Ultimate Success Today
Wo Protomartyr aufschlagen, wächst nichts mehr. Schon gar kein Gras. Seit über einem Jahrzehnt verbreitet die US-Band bedrohliche, unheilvolle Stimmung. Ihre Mischung aus Post Rock und noisigem Gothic Rock ist der Soundtrack für die gefühlten Untergangsszenarien dieser Zeit, von jüngeren Ereignissen inspiriert. Apropos jüngere Ereignisse: Der Re-Release der vergriffenen Debütalbums veranlasste das Quartett, einen Blick auf diese anfängliche Dringlichkeit im Sound zu werfen und sie erneut aufzugreifen. „Ultimate Success Today“ münzt besagten jugendlichen Elan auf gegenwärtige Verzweiflung um.
Das ellenlange, wütend aufstampfende „Processed By The Boys“ gibt im wahrsten Sinne des Wortes die Marschrichtung vor. Schroffes, ungebügeltes Auftreten, desolate Finsternis und komplett losgelöste, laute und druckvolle Gitarrenwände begleiten Joe Caseys Erzählung. Über weite Strecken spricht der gute Mann mehr als er singt, ein wenig an Nick Cave erinnernd und doch sein eigener Herr. Ähnlich unnachgiebig, wenngleich nicht ganz so schroff: „June 21“, eine kantige Endlosschleife mit gelegentlichem Noise-Einsatz und wütendem Basslauf. Das Post-Punk-Fundament versucht laufend gen Tanzfläche auszubüxen, bloß hält der Rest des Songs wenig davon.
Gibt es so etwas wie Eingängigkeit auf diesem Album? Wenn ja, dann hat sie am ehesten noch „Modern Business Hymns“ gepachtet. Gelegentliche weiche Gesangszeilen von Casey treffen auf ein verhindertes Interpol-Riff, bevor der nächste atemlose Einschlag mit Wave und Noir folgt. Protomartyr bleiben nervös und unruhig, wohl aber auf etwas gemächlichere Weise. Davon hält ein „Michigan Hammers“ herzlich wenig und dreht den Spieß um – schroffe, sperrige Attitüde rundherum, halbwegs harmonischer Esprit zwischendrin. Die ungemütliche Aufbruchsstimmung von „Day Without End“ will auch nicht unerwähnt bleiben, zumindest bis Post-Wahnsinn das Arrangement heimsucht und mit etwas Aggression torpediert.
Die Unruhe hat das fünfte Studioalbum Protomartyrs fest im Griff. Stetig brodelt es, deutet sich die nächste Eruption an, versucht das US-Quartett den Düstersprint am Rande der Katastrophe. „Ultimate Success Today“ geht zynisch mit seiner Umwelt um und ist doch ein musikalischer Siegszug einer nach wie vor unangenehmen und alles andere als abgeklärten Band. Falsche Sicherheit ist die größte Gefahr dieser Platte – ein weiteres Westentaschen-Meisterwerk der schroffen Sorte.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 17.07.2020
Erhältlich über: Domino Records (GoodToGo)
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