Francis Of Delirium – All Change
Künstlerin Jana Bahrich gründete Francis Of Delirium in ihrem kanadischen Schlafzimmer. Von Joni Mitchell und Kurt Cobain inspiriert, war der Weg – Grunge, Alternative und ein wenig Indie -stets vorgegeben. Später stieß Schlagzeuger und Produzent Chris Hewett aus Seattle hinzu. Die Band übersiedelte nach Luxemburg, mittlerweile bedient zudem Jeff Hennico den Tieftöner. Die Debüt-EP „All Change“ zeigt, wie leicht es ist, in negative Verhaltensmuster zu fallen.
Das Trio bemüht die Metapher eines Zuges, der Tag für Tag die gleiche Strecke fährt, und einen Schaffner, der an den Endstationen zum Aussteigen bewegt. Zerstörerische Zyklen des Alltags dienen als Haltestellen, und die erste von ihnen nennt sich „Broken“. Klar, das klingt ein wenig on the nose, doch der prächtige Sound der nordamerikanischen Luxemburger kaschiert das locker. Vergleichsweise gemächliche, dezent folkige Indie-Rock-Klänge treffen auf puristische Zerrissenheit, und doch ist das nur die Ruhe vor dem sprichwörtlichen Sturm.
In weiterer Folge gehen Francis Of Delirium aus sich hinaus. „Ashamed“ ist richtig schön grungy, wobei Bahrichs Gesang ab und an in Richtung Alanis Morissette schielt. Diese Doppelbödigkeit entlädt sich schließlich im kauzigen und doch mitreißenden „Karen“. Jede kennt so eine Typin, die ein Büschel Haare ins Restaurant mitbringt, nur um diese gleichmäßig in den Suppentellern der Gäste zu verteilen und ihr Geld zurückzuverlangen. Die endlose Abwärtsspirale symbolisiert das melancholisch rockende, mitreißende „Circles“. Man hängt in den eigenen Denkmustern fest, Verhaltensweisen ändern sich nie – und das von dicken, nachdenklichen Gitarren begleitet. Das abschließende Credo „Quit Fucking Around“ verteilt Arschtritte, symbolisiert Aufbruchsstimmung und ist am Crossover-Punkt zwischen Grunge und den Riot Grrrl-Bands gelungen verankert.
Francis Of Delirium nehmen kein Blatt vor den Mund, gehen schonungslos mit (an sich selbst?) beobachteten Verhaltensmustern um und versuchen zugleich einen positiven Ausweg zu bieten. Nicht nur lyrisch ist „All Change“ ein tolles Ding, denn der Sound – klassisch rockend mit Seattle-Dreck, 70s-Referenzen und Indie-Ursuppe – kann zudem einiges. Nun noch Jana Bahrichs intensive Stimme hinzugeben, fertig ist der gute Einstand. Auf Francis Of Delirium sollte man nach diesem Leckerbissen künftig unbedingt achten.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 19.06.2020
Erhältlich über: Dalliance Records
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