Diet Cig – Do You Wonder About Me?
Mit einer EP und dem Album „Swear I’m Good At This“ erreichten Diet Cig binnen kürzester Zeit Kultstatus. Das Duo aus New Paltz im US-Bundesstaat New York kultiviert einen eigentümlichen Pop/Rock-Ansatz, der sich irgendwo zwischen Indie, Garage und Punk platziert. Nach zwei nahezu pausenlosen Jahren auf Tour nahmen sich Alex Luciano und Noah Bowman eine kleine Auszeit, um an neuem Material zu arbeiten und menschlich zu wachsen, um ihr – wie sie es nennen – Hochstapler-Syndrom abzulegen. Nun ist „Do You Wonder About Me?“ am Start.
„Night Terrors“ befasst sich mit eben jenem Hochstapler-Ansatz und fragt – mit sarkastischer Auflösung – ob Luciano und Bowman immer noch dieselben Personen seien. In ein insgesamt ruhigeres Arrangement mit mehr Flair und Behutsamkeit gekleidet, geben Diet Cig die Antwort selbst. Sie klingen etwas anders, ohne sich gänzlich verändert zu haben. Im krassen Gegensatz springt „Flash Food“ förmlich aus den Boxen und rattert 92 wütende Garage-Punk-Sekunden Marke PUP runter. Lucianos Vocals wirken zwar verhältnismäßig nett, der oberflächliche Dreck setzt sich dennoch sofort unter den Fingernägeln fest.
Entsprechend wechselhaft gibt sich dieses Album mit zahlreichen feinen Songs. Das greifbare Gefühl von „Stare Into The Sun“, dessen schroffe Gitarre nicht so ganz zur poppigen Schönheit passen will, treibt bewegende Wurzeln, während sich der Opener „Thriving“ als echtes Energiebündel erweist. Bis das US-Duo aus sich herausgeht, dauert es zwar ein wenig, die dicken Harmonien und der verschachtelte Beat in der zweiten Hälfte beißen sich dafür sofort fest. Schließlich vereint „Broken Body“ so ziemlich alles, was Diet Cig ausmacht. Der kantige Pop-Punk früher Sum 41 trifft auf gefühlvollen Indie-Pop, der zwischen feinsinnigen Harmonien und deutlicher Kratzbürstigkeit pendelt.
Die Charmeoffensive von „Do You Wonder About Me?“ landet. Irgendwo zwischen Selbstzweifel, Selbsterkenntnis und Selbstbewusstsein finden Diet Cig, nun ja, sich selbst. Die zusätzliche Zeit im Studio brachte insgesamt mehr Ruhe und Abwechslung ein, auch wenn die Platte mit 25 Minuten doch sehr kurz ausfällt. Das soll aber der einzige kleinere Mangel bleiben, denn auf ihrem zweiten Album zeigt sich das US-Duo überaus leidenschaftlich und mit einem Händchen für gute Songs. Mehr Pop, mehr feine Klinge und mehr Emotionen – eine überaus gelungene Fortsetzung.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 01.05.2020
Erhältlich über: Frenchkiss Records (Membran)
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