Bulbul – Kodak Dream
Seit über 20 Jahren eine Institution und dennoch außerhalb der österreichischen Alternative-Szene eine beinahe unbekannte Größe: Bulbul aus Wien spielen liebend gerne mit ihrem Sound, mischen Alternative Rock mit Indie Pop und pumpender Elektronik zusammen – krass, unberechenbar und doch auf gewisse Weise eingängig. Unter der Ägide von Zebo Adam, der zuletzt unter anderem für Bilderbuch produzierte, spielte das Trio seinen neuen Longplayer „Kodak Dream“ ein. Und der wagt sich erneut weit hinaus.
Wie es geht, zeigt „Going“. Tanzbar und funky tasten sich die Wiener voran, finden schnell ihren Groove und strahlen unnahbare Lässigkeit aus, von einem gewissen Soul begleitet, bevor es sperriger wird. Does It Offend You, Yeah? lassen in diesem Ohrwurm grüßen. Der eröffnende Titelsong „Kodak Dream“ erhöht die Schlagzahl hingegen deutlich. Die Rhythmusabteilung ist unruhig, peitscht den Track voran, später greift ein feistes wie entfremdetes Gitarrenriff zu und zieht förmlich auf die Tanzfläche. Und dann wird es kauzig. Und eskaliert. Und kehrt zurück zur Harmonie.
Bulbul rattern förmlich durch das eigene Innenleben und rasten angenehm aus. Ihr „Pumpgun Judy“ spielt mit 90s-Crossover und dockt sogar ganz kurz bei den H-Blockx an, bevor sich die Verse zu widersprechen beginnen. „Motta“ legt hingegen elektronisch und tanzbar los, brodelt von der ersten Sekunde an. Nach knapp drei Minuten legen die Österreicher einen imaginären Schalter um und rocken mit der eierlegenden Wollmilchsau um die Wette. Genau das setzt sich in „Fuckeroni“ fort, ein wenig an Dead Kittens im XXL-Format erinnernd. Wirklich eingängig und manisch erweist sich hingegen das stetig wachsende „Orlac“, ein richtig schön verrückter Exkurs, selbst für diese Platte.
Nahezu durchgehend drehen Bulbul an den Stellschrauben, spitzen ihre Songs geschickt zu und steuern auf kompletten Wahnsinn zu. Dabei bleibt ihre Musik eingängig, tanzbar und durchaus kontrolliert, auch wenn man das vielleicht erst auf den zweiten oder dritten Blick merkt. Nahtlos reiht sich „Kodak Dream“ in das bisherige Schaffen ein, ist vielleicht noch eine Spur wilder und breiter aufgestellt. Das Wiener Trio schreibt erneut reihenweise kleine Alternative-Perlen, die sich jede Aufmerksamkeit der Welt verdient haben.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 17.04.2020
Erhältlich über: Siluh Records (Cargo Records)
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