Pictish Trail – Thumb World
Wenn er nicht gerade britischen Talenten als Inhaber von Lost Map Records eine spannende wie vielfältige Plattform gibt, widmet sich Johnny Lynch von der kleinen schottischen Insel Eigg seiner packenden One-Man-Show Pictish Trail. Irgendwo zwischen Pop, Electro, Folk und Indie angesagt, sind seine DIY-Tracks kleine Perlen, die mit ihren kuriosen Geschichten und noch schrägeren Soundcollagen zuletzt Support-Slots für Belle & Sebastian und KT Tunstall oder den Publikumspreis beim Scottish Album of the Year Award einbrachten. „Thumb World“ gibt sich nun noch eigentümlicher und eingängiger.
Alien-Entführung, Schweine mit Trump-Frisuren und anthropomorphe Daumen sind nur einige der vorwitzigen Begleiter. Die musikalische Vielschichtigkeit fällt deutlich auf denn je. Während ein „Slow Memories“ balladeske Reduktion mit instellarem Synthie-Pop befeuert, katapultiert „Bad Algebra“ den anfänglichen, fanfarenartigen Minimalismus der Dinge zunächst gen Indie-Rock, bevor Noise und Chaos das Heft in die Hand nehmen. Und ja, diese beiden Songs folgen direkt aufeinander. Warum auch nicht?
Tatsächlich glänzt „Thumb World“ durch deutlich eingängigere Momente. Ein „Double Sided“ blubbert konstant und hektisch, wirkt dabei aber herrlich entspannt, fast schon in sich ruhend. Nervöse Energie kann durchaus bewegen, wie sich zeig. „Turning Back“ drängt später in den Club und erinnert dabei an Hot Chip. Elektronische Wärme und wilde Backings legen ungeahnte Kräfte frei, die wohl einzig „Fear Anchor“ noch toppen kann. Lynch beginnt mit folkig angehauchter Ruhe und baut das Arrangement Stein für Stein, Spur für Spur weiter auf. Psychedelische Exkurse, schroffes Störfeuer und himmlische Pop-Momente schaukeln sich gegenseitig hoch, bevor der obligatorische Absturz gleichermaßen erschüttert und verzaubert.
„Thumb World“ ist hochgradig spannend, weil sich so ziemlich alles an diesem Album eigentlich gegenseitig im Weg stehen müsste – die schrägen Texte, die eingängigen Pop-Exkurse, plötzliche Experimente und sperrige Einschübe. Gerade dieser Wahnsinn, der eigentlich keiner ist, beißt sich allerdings fest. Pictish Trail liefern ein weiteres kleines Kunstwerk, vielleicht sogar noch eine Spur elektronischer und harmonischer zuletzt. Gemeinsam mit Johnny Lynch blättert man durch ein Bilderbuch aus dem Kuriositätenkabinett und hat seine Heidenfreude an vorwitzigen Erzählungen mit dem nicht minder charmanten Soundtrack dazu.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 21.02.2020
Erhältlich über: Fire Records (Cargo Records)
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