King Krule – Man Alive!

King Krule
(c) Charlotte Patmore

So plötzlich er wieder aufgetaucht war, so schnell verschwand King Krule kurz nach dem Release seines zweiten Albums „The Ooz“. Archy Marshalls Welt drehte sich jedoch weiter. Während den Arbeiten an neuen Songs kam die Nachricht, dass er zum ersten Mal Vater würde. Schnell ließ Marshall die fatalistische Spirale aus Depression und Alkoholexzessen hinter sich und zog aufs Land, um näher bei der Mutter seines Kindes zu sein. Entsprechend veränderten sich Ton und Fokus der nunmehr dritten Platte „Man Alive!“ auch während der Aufnahme-Sessions. Neben der gewohnten musikalischen Pluralität kollidieren die Reste der Abwärtsspirale mit neuen Alltagsbeobachtungen.

Eines dieser Überbleibsel ist „(Don’t Let The Dragon) Draag On“, erster Teaser des neuen Albums. Jazzige Gemächlichkeit, aufwühlende Noir-Schattierungen und wohlige Schwere schlendern gar gemächlich voran. Bei „Stoned Again“ ist der Name Programm. Krules Faible für HipHop-Stylings nimmt die Zügel in die Hand, einzelne Teile werden förmlich ausgespuckt und vor die Füße geschleudert. Im Hintergrund nimmt das musikalische Chaos zu, das Arrangement wirkt stellenweise geradezu unübersichtlich, dann führt eine mit Hall beladene Gitarre sachte gen Outro. Die schiere Wucht von „Alone, Omen 3“ drückt nach knapp zwei Minuten förmlich an die Wand und lässt nicht mehr los.

Weite Teile von „Man Alive!“ fallen überaus beklemmend aus, ein zweites „Easy Easy“ sucht man hingegen vergebens. Stattdessen setzt es „Comet Face“, eine Hommage an die Anfänge von New Wave und Post Punk mit sperriger Gitarre, abgedrehtem Saxofon und bedrohlicher Düsternis. Etwas entspanntere Klänge, darunter der erfrische Jazz-Exkurs „Underclass“, lockern das Geschehen vor allem gegen Ende der Platte auf. Zwar bleiben dissonante Reste, wie die kantigen Effekte im Abgang „Please Complete Thee“, aber eine gewisse Jenseitigkeit ist Pflicht – siehe und höre auch die zweite Hälfte des ansonsten fast meditativ wirkenden „Perfecto Miserable“.

Keine einfache, aber gerade deswegen eine unverschämt gute Platte: „Man Alive!“ reiht sich perfekt in den bisherigen Krule-Katalog ein. Wohl finden sich hier deutlich krassere Extreme, mehr HipHop-Referenzen, geradezu experimentelle Jazz-Exkurse. Konstante Unruhe begleitet dieses Kleinod und zeigt zudem einen Künstler zwischen Exzess und neuer Verantwortung, der sich selbst und seine Umgebung aktuell neu entdeckt. Alles bleibt aufwühlend, mitreißend und fieberhaft – wie immer, nur im besten Sinne ganz anders.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 21.02.2020
Erhältlich über: XL Recordings / Beggars Group (Indigo)

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