Wolf Parade – Thin Mind
Nach 13 Jahren Wolf Parade verließ Multi-Instrumentalist Dante DeCaro die Band 2018 im Guten. Die Kanadier sind seither wieder in ihrem ursprünglichen Trio-Lineup unterwegs und suchen nach neuen musikalischen Wegen. Erstmals wurde eine Platte komplett an ein und demselben Ort geschrieben und fertig gestellt, zudem widmete man sich etwas futuristischeren Klängen, welche ironischerweise an die Anfänge der Herren aus Montreal erinnern. Auf „Thin Mind“, dem mittlerweile fünften Studioalbum, befassen sich Wolf Parade mit der Dauerbefeuerung durch moderne Technik, welche Aufmerksamkeit und Konzentration, dem Titel entsprechend, ausdünnt.
Die Futuristik beruht tatsächlich auf einem Meer an Synths, Keyboards und MiDis von den 80ern bis zur Gegenwart, ohne dabei den etatmäßigen Bandsound zu vernachlässigen. Wie es geht, macht „Forest Green“ vor. Frontale Indie-Klänge treffen auf mitreißende Tanzbarkeit und eine Prise Post-Punk-Revivalism – eine kräftige Portion Maximo Park macht sich breit, auch die Futureheads schwingen in diesem überlangen Mini-Hit mit. Hingegen betont „Wandering Son“ die ruhigere, schwelgende Seite der Band. Killers-Schmalz kollidiert mit großen Gesten und Gitarren-Fanfaren, erdige Melodien tilgen jegliche Anflüge von Kitsch.
Machen Wolf Parade jetzt Glam Rock? Die ersten Sekunden von „Under Glass“ lassen solche Vermutungen zu. Tatsächlich ziehen sich solche 80s-Referenzen durch weite Teile der Platte und werden mit weiteren Epochen sowie Stilrichtungen vermischt. Besagter Track entfaltet in der zweiten Hälfte sympathische Tanzbarkeit und reißt von den Sitzen. „The Static Age“ versetzt Harmonisches hingegen mit einer gewissen, schwer greifbaren Düsternis. Wolf Parade werden unbequem, später sogar sperrig: „Town Square“ lässt als Rausschmeißer keine Struktur erkennen, funktioniert aber vielleicht gerade deswegen so gut. Der Uptempo-Wellenbrecher „Julia Take Your Man Home“ darf ebenfalls nicht unter den Tisch fallen, während die dicken Synth-Wellen von „Against The Day“ an Holy Esque und Wu Lyf erinnern, bloß mit anderem Gesang.
Während die Band über kürzer werdende Aufmerksamkeitsspannen singt, verlangt ihre neue Platte vollen Fokus. Tatsächlich überrascht „Thin Mind“ mit seinem wilden, durchaus schillernden Auftreten, und doch brennt sich jeder Track mit zunehmender Spieldauer ein. Durch wiederholte Durchläufe machen Wolf Parade den anfangs sperrigen Block eingängig, spielen auf gekonnte Weise mit ihren musikalischen Anfängen und verschließen sich keineswegs vor jüngeren Entwicklungen. Mit leichtem, beinahe federndem Schritte tanken sich die Kanadier durch ein von vorne bis hinten überaus gelungenes, kurzweiliges Album, das immer besser und farbenprächtiger zu werden scheint.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 24.01.2020
Erhältlich über: Sub Pop Records (Cargo Records)
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