Nathan Gray – Working Title
Wenn Nathan Gray etwas aktuell nicht kennt, dann wohl kreatives Kargland. Vor zwei Jahren erschien sein prächtiges Solo-Debüt „Feral Hymns“, eine Mischung aus neuen Songs und Alleingang-Vertonungen von Exzerpten seiner diversen Bandprojekte, Anfang letzten Jahres ein grandioses Live-Paket. Von Wiederholungen hält Gray herzlich wenig, reizt nun den Bandsound – unter anderem von Boysetsfire– und Sisters Of Mercy-Mitgliedern unterstützt – aus und präsentiert mit „Working Title“ eine ermutigende Platte des Aufbäumens mit neuer musikalischer Vielschichtigkeit.
Das eröffnende, energische „In My Defense“ zeigt, wohin die Reise geht. Handfester, druckvoller Rock mit dezentem Punk-Edge und einem Hauch Melancholie entführt sofort in media res und rückt neben Grays Stimme auch ein Bündel bissiger Gitarren in den Mittelpunkt. Es geht um Neuanfänge, um den Kaltstart, und diese Hymne bringt alles für genau das mit. Im Titelsong „Working Title“, gemeinsam mit Chuck Ragan intoniert, fühlt man sich an eine etwas wuchtigere Antwort auf das Solo-Debüt erinnert. Mehr Strom, mehr Bandgefühl und mehr Kraft begleiten das Kleinod mit dem Hot Water Music-Frontmann.
Überhaupt packt dieses zweite Album mit seiner Vielschichtigkeit sofort zu. „Never Alone“, indirekt der LGBTQ-Community gewidmet, skizziert den Weg von der Orientierungslosigkeit zu ungeahnter Kraft auf dem Weg in die gesellschaftlichen Mitte nach. Handfester Power-Pop brennt sich sofort ein. Gray kann aber auch ruhiger und nachdenklicher. „Still Here“ sagt sich von der schweren Vergangenheit los und besingt persönlichen Wachstum, während die fragile Piano-Ballade „Refrain“ mit wiederkehrenden Problemen kämpft. Alte Dämonen lassen den Protagonisten nicht so recht los, doch stellt er sich diesen nun. Falls das zu ruhig sein sollte, reißen das fieberhafte „No Way“ und das leidenschaftliche „I’m A Lot“ sofort mit.
„Working Title“ baut auf Nathan Grays bisherigen Solo-Releases auf und schafft die Verbindung zu seiner musikalischen wie persönlichen Vergangenheit auf andere Weise. Standen auf „Feral Hymns“ noch alte Songs seiner diversen Band-Schauplätze mit auf dem Programm, gehen nun Sound und Lyrics darauf ein. Vom fragilen Singer/Songwriter-Exkurs bis zur wuchtigen Power-Pop-Hymne mit Rock-Elan deckt Grays neuer Output alles ab – etwas anders, aber ebenso verdammt gut.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 31.01.2020
Erhältlich über: End Hits Records (Cargo Records)
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