Come On Up To The House: Women Sing Waits

Die tiefe, kratzige Stimme, das faszinierende Storytelling, die Langlebigkeit: Tom Waits gilt gemeinhin als Songwriters‘ Songwriter und kann auf eine legendäre, faszinierende Karriere zurückblicken. Am 7. Dezember 2019 feiert er seinen 70. Geburtstag, zwei Wochen vorher erscheint eine etwas andere und gerade deswegen hochgradig spannende Tribute-Compilation. Auf „Come On Up To The House: Women Sing Waits“ setzt es zwölf Klassiker aus neuer Perspektive, denn der rauchige Waits wird von bemerkenswerten Künstlerinnen neu interpretiert.
Joseph, ein Trio aus Portland, eröffnet mit dem Titelsong „Come On Up To The House“. Der butterweiche Gesang, die feierliche Instrumentierung, der Soul in der Stimme und die Chamber-Anleihen in der zweiten Hälfte – irgendwie anders und doch so gut. Danach gibt sich Aimee Mann ein kleines Stelldichein. Ihre Version von „Hold On“ könnte man sich prima als Film-Soundtrack vorstellen, während Iris Dement mit der nasal-rotzigen Country-Balladen-Interpretation von „House Where Nobody Lives“ im besten Sinne wie aus der Zeit gefallen wird – sehr eigentümlich, etwas sperrig und doch wohlig urig.
Auch die unnachahmliche Patty Griffin lässt es sich nicht nehmen, einen Track beizusteuern. Ihr ausladendes, immer länger werdendes „Ruby’s Arms“ geht unter die Haut, während Phoebe Bridgers mit purer Reduktion magische Momente schafft. Ihr schlichtes „Georgia Lee“ ist an Intimität kaum zu überbieten. „Tom Traubert’s Blues“ von The Wild Reeds wird in den richtigen Momenten laut und widerspenstig, von vertrauten Zitaten begleitet. Die Leichtigkeit, mit welcher Corinne Bailey Rae „Jersey Girl“ ihr Eigen macht, ist mindestens so eindrucksvoll wie das aus dem alten Hollywood gefallene „You Can Never Hold Back Spring“ von der grandiosen Kat Edmonson.
Jeder einzelne Track, jede Interpretation auf ureigene Weise ein Gewinn, höchst schräg und unorthodox. Waits ohne Waits‘ Stimme verblüfft zunächst, weil die jeweiligen Songs neue Qualitäten und Bedeutungen freilegen. „Come On Up To The House: Women Sing Waits“ ermöglicht neue Zugänge zu einem großen Künstler, wäre aber auch ohne Kenntnis des Meisters eine packende Erfahrung. Warum? Weil zwischen Folk, Country, Blues und Americana eine spannende Platte entsteht, von mitreißenden Interpretationen und brachliegenden Emotionen begleitet. Manchmal ist es schwer, die passenden Worte für puristische Schönheit zu finden. Selten hat es sich so sehr gelohnt, selbst ein Ohr zu riskieren.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 22.11.2019
Erhältlich über: Dualtone Records / eOne (SPV)
Dualton Records @ Bandcamp
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