Marathonmann – Die Angst sitzt neben dir
Nach dem Release von „Mein Leben gehört dir“ nahmen sich Marathonmann erstmals etwas Zeit, um ein wenig Abstand vom Bandleben zu gewinnen und die leer getourten Akkus einigermaßen aufzuladen. Entsprechend frisch und erholt widmete man sich dem Thema Album #4. Dieses Mal dreht sich alles um Ängste, steter Begleiter von Geburt bis Tod. Auch wenn sich die Art und Form der Ängste verändern, man wird sie doch nie los. „Die Angst sitzt neben dir“ könnte in Zeiten wie diesen kaum wichtiger sein. Dazu passt auch verfeinerte musikalische Ausrichtung der Band.
Der eröffnende Doppelschlag zeigt, wohin die Reise geht. „Totgeglaubt“ tastet sich behutsam voran, erst nach einer knappen Minute hebt der Track erstmals ab. Es bleibt punkig und scharfkantig, wenngleich eine Spur melodischer und verspielter. Gerade der Refrain funkelt angenehm launisch und bietet dem großartigen Text mehr Raum zur freien Entfaltung. „Flashback“ widmet sich hingegen lässigen Post-Punk-Untertönen, die eine zentrale Rolle auf dieser Platte spielen. Ihre melancholische Unberechenbarkeit verleiht der Musik eine neue Klangfarbe und passt zudem perfekt zur thematisierten Angst.
Prunkstück dieser Platte ist die musikalische Bandbreite. Marathonmann decken alles von den Anfängen bis zu neueren Ideen ab. „22 Meter Sicherheitsabstand“ zuckt heftig und bedrohlich, in „Hobbs End“ nähert man sich den Hardcore-Punk-Anfängen nebst Post-Düsternis an und „Die Bahn“ funktioniert sogar als lupenreine Ballade – gewöhnungsbedürftig, aber gut. Auch die erste Single „Schachmatt“ zeigt das Quartett von seiner besten Seite. Stellenweise lassen Fjørt grüßen. In „Die Vergessenen“ geht es punkig und bissig nach vorne mit herrlichem Esprit und hymnischen Anleihen, während „Stigmata“ die fiese, unterschwellig aggressive Melodie-Keule auspackt.
40 Minuten lang spielen sich Marathonmann frei und haben hörbaren Spaß dran. Bei aller thematischen Schwere vermittelt „Die Angst sitzt neben dir“ auf gleich mehreren Ebenen Aufbruchsstimmung. Neue musikalische Ideen kollidieren auf charmante Weise mit vertrauten Tönen – mal ruppig, mal melancholisch, mal hymnisch, mal bissig. Mehrere kleine Überraschungen, clevere Texte und erfrischende Spielfreude zeigen, dass sich die kurze Schöpfungspause gelohnt hat. Marathonmann geben sich stärker denn je und wachsen weiter.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 19.07.2019
Erhältlich über: Redfield Records (AL!VE)
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