Bill Ryder-Jones – Yawny Yawn
Nach dem wunderschönen „Yawn“, Ende vergangenen Jahres erschienen, juckte es Bill Ryder-Jones noch in den Fingern. Irgendetwas musste er daran verändern, die Beach Boys dienten als Inspiration. Surf-Chöre und „Good Vibrations“ gibt es keine, dafür eine komplette Neuinterpretation der Platte, einzig von Gesang und Klavier begleitet. „Yawny Yawn“ erscheint nun digital – und Ryder-Jones meint süffisant, er hätte seither eine Abneigung gegen das Aussehen seiner Hände entwickelt.
Der Vorbote „Don’t Be Scared, I Love You“ fasst eigentlich gut zusammen, worum es hier geht. Ryder-Jones reduziert die Arrangements auf ein absolutes Minimum und rückt seinen Gesang noch stärker in den Mittelpunkt. Das behutsam angeschlagene Klavier wird zum nachdenklichen, emotional aufgeladenen Begleiter, die Intensität steigert sich immer weiter. Wenn die Stimmung schließlich vor Spannung zu zerspringen droht, ist plötzlich Ruhe – das hat Methode und kommt gut.
Vor allem distanziert sich der Singer/Songwriter über weite Strecken vom ursprünglichen Charakter der Tracks. In „Happy Song“ verschwimmen die Erinnerungen an J Mascis fast komplett und werden von semi-trauriger Leisetreterei abgelöst. „Mither“, der Song für Bill Ryder-Jones‘ Mutter, verliert seine stoische Gitarre und erhält dafür ausladende Tastenspielereien, die in erstaunlicher Entschleunigung gen emotionalen Abgrund steuern. Im butterweichen „John“ verstecken sich sogar einige wenige Momente, in denen herausgefordert wird, die etwas Aufbrausendes suggerieren, nur um sich wieder komplett zu verlieren.
Die komplette musikalische Distanzierung von „Yawn“ funktioniert: Bill Ryder-Jones liefert mit „Yawny Yawn“ schmuckes, schnörkelloses Beiwerk. Wirkt das stark reduzierte Klavier-Gesang-Konzept zunächst arg einschränkend, entwickeln die Bearbeitungen Schritt für Schritt sympathische Eigendynamik mit manch bewegendem Moment. Dieser kleine Bonus für stille Stunden streicht das Besondere hinter dem Schaffen des Briten einmal mehr hervor.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 26.07.2019
Erhältlich über: Domino Records (Download-Album)
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