The Violent Years – Via Antarctica

The Violent Years
(c) Tone Hille Bringsdal

Ein verloren geglaubtes Album meldet sich zurück. Eigentlich hatten The Violent Years aus der südnorwegischen Küstenstadt Mandal ihr „Via Antarctica“ bereits fertig aufgenommen, doch dann wurden alle Daten gestohlen. Als Reaktion spielte man sich auf „Blame“ frei und machte sich erst danach an die mühevolle Rekonstruktion des verlorenen Materials. Entsprechend düster, hoffnungslos und aussichtslos gestalten sich diese zehn neuen, alten Tracks.

Nick Cave und 16 Horsepower erweisen sich als Paten in spe dieser Songs, in denen sich die Norweger weiter öffnen und doch scheinbar komplett verschließen. Dafür spricht ein Track wie „Who Decided“, der gleichzeitig forsch und ruppig, geradezu mitreißend wirkt, nur um im nächsten Moment Wellen der Indie-Depression mit Noir-Untertönen loszutreten. Aber auch hinter etwas helleren Klangfarben stecken tiefe Abgründe. Hört man genau auf die Lyrics des mitreißenden MOR-Tracks „Stone Among Stones“, offenbaren sich tiefe seelische Einschnitte.

Für gute Laune ist hier kein Platz, und kein Track macht das so deutlich wie „The Plague“. Der ellenlange Rausschmeißer mit deutlicher Cave-Schlagseite lässt die Norweger neue Storytelling-Höhen erklimmen. Gemächlich schwingt das Noir-Arrangement hin und her, offenbart schwülstige Americana-Untertöne und kokettiert mit dem Gothic Novel-Genre – eine echte Meisterleistung und so ziemlich das genaue Gegenteil zu „Shots Of Love“. Nein, schlecht ist der Songs keineswegs, sondern kurz, laut und angriffslustig. The Violent Years kondensieren sämtliche Rock-Bemühungen in 200 launische Sekunden mit Nachdruck.

The Violent Years zeigen sich unheimlich energisch und finster, legen ihr Seelenleben offen und ziehen Schritt für Schritt in tiefste menschliche, seelische, emotionale Abgründe hinab. Die Arbeiten an „Via Antarctica“ müssen grausam gewesen sein, das Ergebnis lohnt dafür und erweist sich als überaus spannend. Deutlich verfeinertes Songwriting, stellenweise großartiges Storytelling und das Herantasten an Augenhöhe mit den großen Vorbildern legt eine Vielzahl hochspannender Momente frei. Fans von Black Heart Procession, Steve Earle und Madrugada können hier bedenkenlos zugreifen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 31.05.2019
Erhältlich über: Apollon Records (Membran)

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