Justin Townes Earle – The Saint Of Lost Causes

Justin Townes Earle
(c) Joshua Black Wilkins

Nach langen Jahren mit konstantem Blick in den Rückspiegel, seine Vergangenheit aufarbeitend, versucht ein verheirateter, nüchterner Justin Townes Earle nun den Perspektivenwechsel. Der junge Vater zeigt sich von den USA der Gegenwart geplättet und erkennt ein geschwächtes, entfremdetes Land. „The Saint Of Lost Causes“ widmet sich dem Alltag, den Unterdrückten und ihren Unterdrückern, Hoffnung und Hoffnungslosigkeit.

Knapp 50 Minuen nimmt sich der junge Earle für seine Beobachtungen Zeit, abermals vom gewohnten Mix aus Country, Folk, Americana und Singer/Songwriter begleitet. Der schwungvolle Country-Track „Flint City Shake It“ bleibt sofort hängen. Die Abhandlung über die leidgeprüfte Stadt in Michigan nimmt einen herrlichen, sogar verhalten tanzbaren Twang mit, was durchaus zur zynischen Grundstimmung passt. „Don’t Drink The Water“ passt nicht nur thematisch ebenfalls ins Bild. Die etwas lautere, stellenweise fast schon bluesige Flint-Fortsetzung glänzt vor allem durch ausgedehnte instrumentale Zwischenspiele.

Sein „Appalachian Nightmare“ gestaltet sich ebenfalls zum Siegeszug. Verhältnismäßig klassische Singer/Songwriter-Klänge, durch die Echokammer gefiltert und von einer klagenden Gitarre begleitet, gehen direkt unter die Haut. Das gelingt auch „Ahi Esta Mi Nina“, einer herrlich lakonischen Darbietung mit dezentem Clapton-Einschlag und ein wenig Schalk im Nacken. Das angriffslustige „Ain’t Got No Money“, der intensive „Pacific North Western Blues“, der angenehm verschrobene Titelsong mit Blues-Rock-Untertönen – Favoriten gibt es noch und nöcher.

Tatsächlich zeigt sich Justin Townes Earle auf seiner neuen Platte in bestechender Form und schwimmt sich endgültig frei. „The Saint Of Lost Causes“ punktet mit musikalischer Abwechslung, spürbarem Gefühl und nachdenklichen Untertönen, aber auch mit einem Funken Hoffnung. Deutlich prominentere Blues-Anteile versprühen zusätzlichen Reiz und sorgen für die wohl erwachsenste, ausgewogenste Platte des Singer/Songwriters, der sich nun endgültig gefunden haben dürfte.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 24.05.2019
Erhältlich über: New West Records / PIAS (Rough Trade)

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