Chris Forsyth – All Time Present
Der überaus umtriebige Chris Forsyth wagt sich wieder an ein neues Soloalbum im Spannungsfeld verschiedenster experimenteller Genres. Kraut und Psychedelic treten laufend auf den Plan und befeuern das anspruchsvolle wie ansprechende Gitarrenspiel des Meisters. „All Time Present“ ist ein Doppelalbum geworden – schon wieder, möchte man fast sagen – das auch bei kräftiger Überlänge nicht langweilig wird und laufend neue Duftmarken setzt.
Gesang bleibt weiterhin Mangelware, wird nun allerdings deutlich selbstbewusster eingesetzt. „Mystic Mountain“ profitiert davon umgemein. Mit seinem vergleichsweise breitbeinigen Leitmotiv überhaupt auf der zugänglicheren Seite angesiedelt, verpasst Forsyth dem Track einen dezenten Sonic Youth-Twang, während knappe neun Minuten sämtliche Facetten des Hauptriffs erforschen und erörtern. Im direkten Anschluss kollidiert die akustische Gitarre mit dem Onde Magnétique, einem von Jeff Zeigler eingespielten Kassetten-Synthesizer, auf dem beinahe meditativen „The Man Who Knows Too Much“.
In weiterer Folge sorgt Forsyth laufend für Überraschungen, wobei er sich selten so weit hinauswagt wie auf „Techno Top“. Tatsächlich halten Disco und Funk Einzug in den Mix und tänzeln wie eine understatete Version von LCD Soundsystem. Natürlich wird diese Idee gleich auf 20 Minuten ausgedehnt und verfällt in eine Art Trance – schwer verdaulich zu Beginn, mit jedem Durchgang aber noch besser. Schließlich versprüht das Powerhouse „Dream Song“ pure Heavyness und treibt die Kraut- sowie Psych-Einflüsse auf die Spitze. Von verträumten Klängen bleibt letztlich wenig über.
Nicht einfach, aber einfach gut – wie immer, will man meinen. Auf „All Time Present“ kollidieren erneut Versatzstücke verschiedenster Genres auf reizvolle Weise. Forsyth denkt entweder leicht umständlich um mehrere Ecken oder verharrt aber auf einem Leitmotiv und jammt über diesem in aller Ausführlichkeit. Das Ergebnis ist eine Platte für Geduldige, die schroffe Ausbrüche ebenso zu schätzen wissen wie frühlingshafte Leichtfüßigkeit und sperrig angehauchte Experimente. „All Time Present“ ist Forsyth in Reinkultur und somit richtig stark.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 12.04.2019
Erhältlich über: No Quarter Records (Cargo Records)
Chris Forsyth @ Home | @ Facebook
„All Time Present“ @ Amazon kaufen