Crows – Silver Tongues
Wenn er nicht gerade mit Idles musikalische Arschtritte verpasst und sperrige Musik in durchaus hitverdächtige Fetzen kleidet, ist Joe Talbot Inhaber von Balley Records. Nach Lice sind Crows nun sein zweites Singing und tatsächlich lassen sich in der Mischung aus Noise Rock und Post Punk Spuren der musikalischen Idles-DNA, mit ordentlich Therapy? und einem Hauch Killing Joke vermengt, erkennen. „Silver Tongues“ ist ihr stürmisches Debütalbum.
Unbequem und doch eingängig – was für Talbots Band gilt, trifft über weite Strecken auch auf Crows zu. Ihr „Wednesday’s Child“ badet im Blut der Britpop-Giganten und kleidet Oasis-Melodien in kratzbürstigen Noise-Fanfaren mit maschinellem Drive aus. Bleierne Schwere und industrieller Habitus trifft auf einen gewaltigen Refrain – es kann manchmal so einfach sein. „Chain Of Being“ bewegt sich hingegen vornehmlich in Post-Punk-Gefilden und lässt scharfkantige Gitarren über unterkühlter Arrangierung, hibbeligen Drums und einer Prise New Wave rotieren. Ein feiner Hauch von Melodik umweht diese viereinhalb Minuten und stiftet wohlige Unruhe.
Zwischen den Stühlen fühlen sich die Briten hörbar wohl und spielen sämtliche Trümpfe mit wachsender Begeisterung aus. Da wäre beispielsweise der eröffnende Titelsong, ein mächtiger Noise-Gigant, der sich im zähen Midtempo entlädt und in seinen Stoßwellen immer lauter wird. Danach hetzt „Demeanour“ in aller Kürze durch unter zwei manische Minuten und betont den Punk-Faktor der Band. Im krassen Gegensatz dazu wird „First Light / First Face“ immer länger und entrückter. Ein Hauch von Hoffnung mit klinischen Untertönen im XXL-Format – Erinnerungen an die ersten Alben von Killing Joke werden wach.
Und sie zucken immer noch: „Silver Tongues“ will einfach nicht aufhören, sondern fährt eine gute Dreiviertelstunde durch Mark und Bein. Noisige Zerstörungswut, vorindustrielle Unterkühltheit, treibender Post Punk und das stete Finden dieses einen lichten Momentes inmitten allen Chaos bekommt Crows gut. Ihr Sound nimmt so ziemlich alles, was die Subkultur der 80er und 90er aufregend machte, ins Hier und Jetzt mit, und verpasst den Revivalisten einen kräftigen Arschtritt. Ein zweites, drittes und viertes Ohr lohnt sich bei diesen Anti-Hits allemal.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 22.03.2019
Erhältlich über: Balley Records (Cargo Records)
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