Nicotine Nerves – 1995

Nicotine Nerves
(c) Middle Ear Recordings

Schon wieder Garage Rock, schon wieder ein Duo, schon wieder Dänemark: Man könnte meinen, es bereits mit der einen oder anderen Band wie Nicotine Nerves zu tun gehabt zu haben. Und das ist alles andere als verkehrt, sofern die Musik stimmt. Bei Rasmus Rankenberg Madsen und Frederik Nielsen aus Aarhus muss man sich darum keine Sorgen machen. Erst 2016 gegründet, verbindet sie die gleiche Liebe zu 90s-Chic, Grunge-Riffs und Tonbandgeräten. Auf eine erste EP folgt mit „1995“ nun das Debütalbum.

Nicotine Nerves beginnen schnell und beinahe hektisch mit echten Dampfhammern. Ihr „Headache“ braucht knapp 30 Sekunden, um so richtig abzuheben, dann wird es im besten Sinne ungemütlich – als würden The Hives einen Track des Nirvana-Debüts covern. Diese leicht bedrohliche und doch unverschämt eingängige Grundstimmung hält sich übrigens die ganze Platte hindurch. Mit „Alive“ folgt im Anschluss gleich der nächste Brutalo – etwas verspielter, was die Gitarrenmelodie betrifft (Death From Above lassen grüßen), aber mindestens so bedrohlich in seiner Gesamtheit.

Wenn die Dänen etwas beherrschen, dann sind es Hooks, aber eben nicht nur. Je länger die Platte dauert, desto höher fällt der Grad an Entfremdung aus. So braucht „Ocean“ stolze zweieinhalb Minuten, um zu explodieren. Diese anfängliche Behäbigkeit nervt zunächst, bereitet letztlich aber exzellent auf den übellaunigen zweiten Teil vor. „Los Angeles“ dreht das Konzept um, schießt förmlich aus den Startlöchern und gibt sich einem ruhigen Finale mit Shoegaze-Einschlag hin. Zwischen dem überlangen, herrlich brachialen „Weariness“, dem verkappten Garage-Punker „Smile“ und dem mit 60s-Schlagseite überraschenden „Never Stop“ etablieren sich noch weitere Favoriten.

Radiofreundlichkeit kann man „1995“ nun wirklich nicht vorwerfen, und das macht dieses Debüt gewissermaßen auch so richtig sympathisch. Nicotine Nerves wirken wie Flummis zwischen den Epochen, Genres und Welten, springen geschickt zwischen lauter Kratzbürstigkeit, eingängigen Hooks und kompletter Verweigerungshaltung hin und her, und zeigen trotz allerlei vertrauter Referenzen doch ausreichend Eigenständigkeit, um dem 90s-Revivalism-Kuriositätenkabinett geschickt zu entfliehen. Von derlei kauziger Brachialgewalt darf es gerne mehr sein.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.02.2019
Erhältlich über: Middle Ear Recordings

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