Motorpsycho – The Crucible
Nach dem hochgradig spannenden wie überaus abwechslungsreichen „The Tower“ legten sich Motorpsycho keinesfalls auf die faule Haut. Nicht umsonsten gelten die Norweger als wohl aktivste, am härtesten arbeitende Band im Prog- und Psych-Bereich. Eben jenen decken sie nun auch auf „The Crucible“ ab. Als eine Art Fortsetzung des zuvor erwähnten Doppelalbums zu verstehen, geht das Trio in diesen 40 Minuten unheimlich konzentriert zu Werke und erreicht zugleich ein neues Songwriting-Level.
Gerade einmal drei Songs haben es auf diese Platte geschafft, natürlich alle weit jenseits der Überlängen-Marke agierend. Mit knapp neun Minuten Spielzeit ist „Psychotzar“ sogar halbwegs radiofreundlich. Hier leben die Norweger ihr Faible für Heavyness aus, drängen sogar in verhalten metallische Gefilde. Das wird deutlich, je länger der Track dauert, denn gerade die instrumentalen Zwischenspiele verbinden unnachahmliche Power mit einem Händchen für kleine Jams. Dies vertieft „Lux Aeterna“ in weiterer Folge, wobei die Schere hier weiter auseinandergeht. Von brachialen Husarenritten mit imposanter Gitarrenarbeit bis zu beinahe folkigen, angenehm kitschfreien Exkursen stimmt abermals alles.
Die gesamte B-Seite gehört dem Titelsong, schließlich bringt „The Crucible“ stolze 21 Minuten auf die Waage. Mehrere Zäsuren – sekundenlange Stille – markieren leicht stockende Übergänge, was aber auch der einzige kleinere Wehrmutstropfen sein soll. Rein musikalisch macht Motorpsycho hier niemand etwas vor. Die einzelnen Abschnitte knien sich tief in die Psych- und Prog-Vergangenheit, -Gegenwart und wohl auch -Zukunft der Norweger hinein, lassen geradezu cineastische Jams zu, schrecken aber ebenso wenig vor bleiernen Riffs und Soli zurück. Der plötzliche Übergang von nahezu perfekter Harmonie zu wundersamem Wahnsinn ringt höchsten Respekt ab.
Ist „The Crucible“ das beste Album der Norweger? Das wird wohl erst die Zeit zeigen, doch schon jetzt lässt sich feststellen, dass dieses vergleichsweise kurze Kleinod definitiv vorne mit dabei ist. Motorpsycho treiben den Wahnsinn von „The Tower“ fort, verzichten dabei auf unnötigen Kitsch und abgehobene Saitenhexerei, und gehen stattdessen unheimlich konzentriert zu Werke. Der vermeintlich kleine Bruder übertrifft das ambitionierte Doppelalbum ganz locker und zeigt zugleich feinstes Songwriting nebst stetig wachsender Spielfreude. Motorpsycho sind 2019 besser denn je, ein Ende scheint nicht in Sicht.
Wertung: 4,5/5
Erhältlich ab: 15.02.2019
Erhältlich über: Stickman Records (Soulfood Music)
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