Spidergawd – V
Der überaus faszinierende Werdegang Spidergawds setzt sich fort und erreicht einen weiteren kleinen Gipfel. Nach den experimentellen ersten beiden Alben hielt auf den letzten beiden Platten eine deutliche Portion Heavyness Einzug. Längst ist das Baritonsax keine Kuriosität mehr, sondern essenzieller Bestandteil des muskulösen, angenehm vertrauten und doch ungewöhnlichen Bandsounds. Tatsächlich werden die Norweger auf „V“ sogar zur Hit-Schleuder und liegen ihr vielleicht bestes Album bis dato vor.
Eigentlich nimmt der Opener „All And Everything“ bereits so ziemlich die ganze Platte vorweg. Nach einem ausgedehnten Saxophon-Intro setzt sich urplötzlich ein knackiges Riff durch. Über kompakte Strophen hangelt man sich in einen mitsingbaren NWOBHM-Refrain mit einem Hauch von Iron Maiden, die Gitarrenarbeit könnte ebenso kaum britischer sein. Wer die metallisch angehauchten Spidergawd schätzt, wird „Twentyfourseven“ lieben. So verschwitzt und wuchtig der Track auch losgeht, das Gitarrensolo bohrt sich tiefer und tiefer in klassische, brachiale Gefilde – eine weitere Offenbarung.
Je länger das Album dauert, desto experimenteller legen es Spidergawd an – kein Vergleich mit ihren ersten Werken, versteht sich, aber doch greifbar. „Avatar“ legt verschrobene, leicht kotzige Synergien frei, nur um am absoluten Höhepunkt auf ein ausgedehntes Saxophon-Solo umzuschwenken. In „Do I Need A Doctor…?“ scheinen sich für wenige Sekunden kleine Jam-Reste zu verbergen, dann überschlagen sich die Ereignisse förmlich. Im Vollsprint tanken sich die Norweger durch den Track mit protometallischen Untertönen und dezent angepunktem Esprit. Vergleichsweise gemächliche, hymnische Rocker wie „Ritual Supernatural“ und „Whirlwind Rodeo“ runden das Geschehen ab.
Jeder Song ein Volltreffer, einige waschechte Hits an Bord und endlich das volle Potenzial realisiert: „V“ zeigt Spidergawd in Bestform. War der Vorgänger noch ein schwieriger, letztlich aber lohnenswerter Schritt in eine wuchtigere neue Richtung, so kommen auf dem fünften Studioalbum der Norweger nun sämtliche Vorzüge zusammen. Reihenweise bärenstarke Songs, kein einziger Durchhänger und das omnipräsente Gefühl, ein unberechenbares Powerhouse aus nächster Nähe zu erleben, ringen Respekt ab und sorgen für Begeisterung. Das erste wirklich große Album 2019 ist gelandet.
V
VÖ: 11.01.2019
Crispin Glover Records (Soulfood Music)
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