Ryley Walker – The Lillywhite Sessions
Der überaus umtriebige Ryley Walker ist um keine schräge Ideen verlegen. Nur ein halbes Jahr nach seinem bis dato letzten regulären Album „Deafman Glance“ widmet er sich… der Dave Matthews Band? Wobei, auch das ist nur halb richtig, denn eigentlich befasst sich Walker mit einem Bootleg, den legendären „The Lillywhite Sessions“. Dieses populäre Bootleg aus Filesharing-Tagen, ursprünglich vor dem Top-Seller „Everyday“ aufgenommen, später verworfen und schließlich als Neuaufnahme unter dem Namen „Busted Stuff“ veröffentlicht, wird nun durch einen überraschend jazzigen Fleischwolf gedreht.
Dass Ryley Walker mit Jazz spielt, ist per se keine Überraschung, in Zusammenhang mit der Dave Matthews Band dafür umso mehr. Alleine die Grenzerfahrung „JTR“, einer von zwei Songs mit über zehn Minuten Spielzeit, bringt die Absurdität dieses Unterfangens auf den Punkt. Dabei fallen die ersten vier Minuten noch herrlich gemütlich aus, rocken ein wenig und lassen sogar einen Hauch von Groove zu. Urplötzlich bricht Walker ab und widmet sich minutenlang komplexen Jazz-Improvisationen, schroffen Klang-Kaleidoskopen und wüsten, elektronischen Ausrastern, ohne dabei vollends über die Stränge zu schlagen. Was ist denn hier passiert?
Bloß, was sich so wild und eine Spur kaputt liest, funktioniert prima. Selbst derlei wilde Ideen, die in „Bartender“ ebenfalls epische Dimensionen annehmen und über ein ellenlanges Saxophon-Solo reiten, gehen komplett auf. Wer es hingegen geradliniger mag, lässt sich das fantastische „Diggin‘ A Ditch“ um die Nase wehen. Auf das Wesentliche reduziert, ergibt sich ein fieberhafter Uptempo-Rocker mit fieberhafter Punk-Attitüde. Ein „Busted Stuff“, Titelsong der späteren DMB-Neuaufnahmen, verliert sämtlichen Kitsch und schielt gen Post Rock. Und dann ist da noch der „Kit Kat Jam“, ein wunderbarer Ausflug in den verrauchten Jazz-Club.
Fans der frühen Dave Matthews Band schätzen dieses Bootleg für seine raue, etwas ruppigere Präsentation. Ryley Walker legt diese durchaus spezielle Aura frei, ignoriert die späteren Neuinterpretationen komplett und fügt „The Lillywhite Sessions“ seine ureigene, unorthodoxe Handschrift hinzu. Das sorgt, unterm Strich, für wundersame Jazz-Improvisationen, für ein hohes Level an Musikalität und beinahe punkige DMB. Was auch immer Walker mit dieser Interpretation vorhatte, hier geht alles auf.
The Lillywhite Sessions
VÖ: 16.11.2018
Dead Oceans (Cargo Records)
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