Tusq – The Great Acceleration
Stolze fünf Jahre sind seit dem zweiten und bis dato letzten Tusq-Album vergangen. Die beiden Gründungsmitglieder Uli Breitbach und Timo Sauer hatten in der Zwischenzeit mit räumlicher Distanz, überaus aktiven Hauptbands und dem Austausch ihrer kompletten Rhythmusabteilung zu kämpfen. Nun geht dieses Herzensprojekt endlich weiter und somit in die ersehnte dritte Runde. Von Garage-Rock-Revival-Hausproduzent Gordon Raphael, u.a. für das Strokes-Debüt verantwortlich, aufgenommen, zeigt sich „The Great Acceleration“ fokussierter und leidenschaftlicher denn je.
Jener Hauch von Düsternis, der zart um „Hailuoto“ wehte, ist nun endgültig passé, zudem gibt der Albumtitel die Reise vor: Tusq beschäftigen sich mit den wichtigen Themen der Zeit, legen Hektik und soziale Gefühlskälte unters Mikroskop. Das Gefühl, auf einem „Different Planet“, einem komplett anderen Planeten, zu residieren, schimmert immer wieder durch. Wo der Vorgänger aber mit ungewohnt finsteren Tönen experimentierte, packt das Quartett dieses Mal süßliche Schwere aus, rockt gemächlich und doch unverschämt eingängig los – ein Rezept, das so in etwa auch in „The Gang“ funktioniert.
Was Tusq ausmacht, ist ihre musikalische Bandbreite, aber auch das offenkundige Herzblut, das in jede einzelne Note einfließt. Aus der anfangs brav wirkenden Idee hinter „No Clouds“ entwickelt sich ein schroffer Rocker mit Dinosaur Jr.-Gitarren, wie aus dem Nichts. Das energische „Nothing Is Won“ punktet ebenfalls mit Doppelbödigkeit und schielt doch ein klein wenig gen Britpop, während das angenehm frontale „Gorilla Syrup“ einen Hauch von Melancholie in dicke Gitarrenwände kleidet.
Seit ihrem Debüt spielt das Quartett mit mehreren musikalischen wie lyrischen Bedeutungsebenen und scheint deren Wechselwirkung immer besser zu verinnerlichen. Insgesamt wirkt „The Great Acceleration“ eine Spur frontaler und druckvoller, ohne jedoch auf die so wichtigen melancholischen Zusätze zu vergessen. Tusq lieben es hörbar, kleinere und größere Widersprüche anzudeuten, in unverschämt eingängige Melodien und kleine Songperlen gekleidet. So selten sie in den letzten Jahren von sich hören ließen, so bärenstark und souverän präsentieren sie sich nach wie vor.
The Great Acceleration
VÖ: 02.11.2018
Oktober Promotion (Soulfood Music)
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