The Dirty Nil – Master Volume
Sie tourten um die Welt, spielten in den dreckigsten Clubs und schliefen in den ranzigsten Hotels. All das stärkte The Dirty Nil hörbar. Nach ihrem Debütalbum „Higher Power“ und „Minimum R&B“, einer Compilation früherer Kleinformate, steht nun endlich der Zweitling in den Startlöchern. Hier macht sich der Anfang 2017 hinzugestoßene Bassist Ross Miller bemerkbar, denn sein Hang zu mehr Dynamik und Tempowechseln gibt „Master Volume“ zusätzliche Power mit auf den Weg.
Der Tod spielt eine nicht zu verachtende Rolle in Luke Benthams Lyrics, was gewissermaßen zum Cover des neuen Albums passt. So sinniert er im Opener „That’s What Heaven Feels Like“ darüber, nach einem tödlichen Autounfall in den Himmel zu kommen und mit seiner verstorbenen Großmutter zu sprechen – halb Rock’n’Roll, halb Melancholie. Der gemächliche, bissige Rocker leitet nahtlos in die logische, thematische Fortsetzung „Bathed In Light“ über. Hier kommt der Hang zu punkigen Klängen etwas stärker durch, der rotzige Refrain gibt sich dafür richtig schön hymnisch und angriffslustig.
Perspektivenwechsel: In „I Don’t Want That Phone Call“ spricht Bentham einen drogenabhängigen Freund mit ‚Listen up, motherfucker‘ an und fordert ihn auf, endlich clean zu werden. Die verhalten fröhlichen Riffs clashen auf wundersame Weise mit dem Inhalt. „Auf Wiedersehen“ gibt sich hingegen weitestgehend ruhig und balladesk, nur um am emotionalen Höhepunkt ein wütendes ‚fuck you‘ hinzuroten – das böse F-Wort darf offensichtlich nicht fehlen. Ebenfalls sympathisch: „Super 8“, eine Abhandlung über ranzige Motels und Ameisenstraßen nebst ultraeingängigen Against Me!-Sounds.
In gerade mal einer guten halben Stunde frühstücken The Dirty Nil ihr zweites reguläres Studioalbum ab und machen abermals verdammt viel richtig. Die rotzige Punk-Energie, der klassische Rock’n’Roll-Drive, der ungehobelte Habitus, der Hang zu hymnischen Melodien: All das macht „Master Volume“ zum nächsten bärenstarken Album in der noch jungen Karriere der Kanadier. In dieser Form kann die nächste Tour kommen, dann aber hoffentlich in deutlich besseren Absteigen. Zumindest rein musikalisch hätte es das Trio verdient.
Master Volume
VÖ: 14.09.2018
Dine Alone Records / Caroline (Universal Music)
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