All Them Witches – ATW
„Sleeping Through The War“, so meinte man, zeigte eine Band, die sich und ihren Sound endgültig gefunden hatte. Was sagen All Them Witches dazu? Nope! Scheinbar gefestigt und sich entsprechenden Klangschablonen annähernd, schlägt das Quartett aus Nashville doch wieder einen Haken. Auf ihrem mittlerweile fünften Studioalbum „ATW“ bleibt es angenehm psychedelisch, aber auch im besten Sinne anders, vielleicht sogar feinsinniger.
Bestes Beispiel für diesen alten, neuen Weg ist das Herzstück „Harvest Feast“. Knapp elf Minuten dauert dieser Monolith an und bleibt doch so herrlich tiefenentspannt. Da stecken Spuren von US Christmas drinnen, aber auch deutliche Referenzen an ihre Heimat. Langsam, beinahe behäbig arbeiten sich All Them Witches gen Rauschzustand vor und lassen die Gitarre minutenlang über kathartischen, ruhigen Klängen meditieren. Dass „HTJC“ direkt danach Aufbruchsstimmung andeutet, letztlich aber angenehm in sich ruhend bleibt, passt ins Bild.
Natürlich geht es auch ein wenig härter und lärmender, wie im Opener „Fishbelly 86 Onions“. Hier nehmen die US-Amerikaner die bluesigen Untertöne des Vorgängers auf und kehren sie endgültig in den Vordergrund – noch verspielter, noch beseelter, noch direkter. „Diamond“ spielt hingegen mit typisch psychedelischer Weirdness, arbeitet sich an die gewaltige Explosion heran und lässt letztlich doch nur ein paar lautere Gitarren durchschimmern. Einzig „1st vs. 2nd“ bricht tatsächlich aus dem Muster aus und brilliert mit bärbeißiger Heavyness, wenn auch tief in Jam-Gefilden verankert.
Weniger Jams, mehr Fokus: Beinahe klingt es so, als wollten All Them Witches – nahezu konstant – aus gängigen Psychedelic-Schemata ausbrechen. Letztlich zeigen sie sich auf „ATW“ deutlich songdienlicher – nicht ganz so hart, nicht ganz so vertrackt, nicht ganz so unvorhersehbar. Und doch wird deutlich, dass irgendwie doch alles anders bleibt. Anstatt in geschickt gefundene und oberflächlich etablierte Muster zu verfallen, setzt es frische Impulse: alles richtig gemacht auf einem in dieser Form komplett unerwarteten fünften Studioalbum.
ATW
VÖ: 28.09.2018
New West Records / PIAS UK (Rough Trade)
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