Mass Gothic – I’ve Tortured You Long Enough
Nach der Auflösung von Hooray For Earth fand Noel Heroux in Mass Gothic ein neues Betätigungsfeld und warf für das Debütalbum im Alleingang ein paar Ideen gegen die Wand. Der eponyme Auftakt gelang, doch nun bewegt sich das Projekt in eine ganz andere Richtung. Heroux holte seine Ehefrau Jessica Zambri an Bord und nannte die gemeinsame Platte „I’ve Tortured You Long Enough“. Das kann ja was werden.
Tatsächlich stellen sich Zambri und Heroux ein wenig breiter auf. Indie-Sounds treffen auf Wave-Rock und elektronische Gehversuche mit zuweilen kuriosen Auswüchsen. Der Titelsong „I’ve Tortured You Long Enough“ – eine gemeinsam vorgetragene Zeile – trifft auf geradlinige Beats und feinsinnige Synths. Das geht in die Beine und mutet zuweilen ganz schön kitschig an, obwohl die eigentlichen Lovesongs ganz anders klingen. Ein „Call Me“ blubbert beispielsweise fröhlich vor sich hin, schraubt das Tempo gelegentlich in schwindelerregende Höhen und spielt mit manischen Rock-Elementen. Sogar ein wenig Psych und Kraut schimmern hier durch.
Vor diesem kleinen Monstrum lauert jedoch „Dark Window“, eine Art Mission Statement für Mass Gothic 2018. Nicht nur musikalisch, auch gesanglich ergänzt sich das Paar hervorragend, dazu erklingt eine luftige Mischung aus Indie Rock und Electro-Pop. Man sucht nach der großen Melodie und lädt, quasi im Vorbeigehen, mehrere angefangene Ohrwürmer ab. Ähnlich funktioniert unter anderem „The Goad“, wenngleich hier die Reduktion nach und nach Oberhand gewinnt. Und doch setzt zum Schluss hinaus eine richtig schön dicke Gitarrenwand ein. Wer es hingegen ein wenig kürzer und prägnanter mag, lässt sich von „J.Z.O.K.“ in schroffe, rockige The Naked And Famous-Gefilde entführen.
So konsequent und zugleich hypnotisierend kann gemeinsamer Wahnsinn klingen. Mass Gothic sprengen die Grenzen des bereits anspruchsvollen ersten Albums und stellen mit ihrer romantisch-sarkastischen Kollaboration selbst LUH in den Schatten. „I’ve Tortured You Long Enough“ wächst immer weiter und weiter, getragen von dicken Gitarrenwänden, feinsinnigen Pop-Momenten und kratzbürstig-eingängiger Elektronik. Wirklich entscheiden, wo es hingehen soll, will sich diese Platte nicht, aber vielleicht macht auch gerade das den Charme von Mass Gothic aus. In dieser Form will man unbedingt – und möglichst bald – mehr von Zambri und Heroux hören.
I’ve Tortured You Long Enough
VÖ: 31.08.2018
Sub Pop Records (Cargo Records)
Mass Gothic @ Home | @ Facebook
„I’ve Tortured You Long Enough“ @ Amazon kaufen