Delta Sleep – Ghost City
Bloß nicht wie alle anderen klingen, das hatten sich Delta Sleep vor zwei Jahren für ihr Debütalbum „Twin Galaxies“ ans Revers geheftet. Tatsächlich schlugen sie mit ihrem Math-Rock-Einstand in gleich mehrere Richtung aus – von soft und synthetisch bis zu wirr und durchaus heavy. Der Nachfolger entstand überwiegend auf Tour und wagt sich an Konzeptkunst. „Ghost City“ behandelt Weltlichkeit und Existenzialismus in einer dystopischen Welt, welche mit den negativen Auswirkungen von technologischem Fortschritt zu kämpfen hat.
Musikalisch bringt diese Idee eine gewisse Entspannung mit sich. Gewaltige Ausbrüche bleiben aus, stattdessen ordnen (und norden) sich die Herren aus Brighton auf anspruchsvollem Niveau ein. In punkto Atmosphäre und Intensität büßen Delta Sleep jedoch rein gar nichts an ihrer wahrhaft speziellen Aura ein. Dafür steht die Single „El Pastor“ stellvertretend. Zwischen jazzigen, verstohlen poppigen Harmonien, anrollenden Power-Wellen und gekonntem Einbremsen in angedeuteter Polyrhythmik jagt sich die Band auf gewisse Weise selbst, scheint oberflächlich jedoch tiefenentspannt und verspielt zu bleiben. Die Gang-Shouts reißen dennoch mit.
Ein wenig Chaos birgt auch der Opener „Sultans Of Ping“ in sich. Erneut deuten die Briten die Heavyness ihres Debüts ein, besinnen sich aber letztlich auf einen Hauch von Donnergrollen, auf kurze Muskelspiele und ganz viel Eingängigkeit nebst semi-balladesken Momenten. Dieses Konzept geht übrigens auch in „Single File“ prima auf. Hier faszinieren vor allem die Leerräume. Delta Sleep deuten die große Explosion an, üben sich in instrumentaler Brillanz und lassen das Arrangement gekonnt umherwogen. Mit dem zunächst fragilen, dann gen Post Rock schielenden „Dream Thang“ und dem emotional aufgeladenen „Floater“, das tatsächlich kurz den Post-Hardcore-Bogen wählt, finden sich weitere Überflieger auf dieser Platte.
Klar, „Ghost City“ ist keine einfache Platte, wohl aber eine wertvolle. Das Konzept hinter dem Zweitling erschließt sich ebenso langsam wie die Tracks an sich. Hier sind mehrere Anläufe ratsam, um die gesamte Tiefe entsprechend und erschöpfend zu erfassen. Delta Sleep setzen überraschende, unerwartete Widerhäkchen, wollen immer wieder explodieren, reißen sich aber am Riemen. Gerade die dezent jazzigen Vibes kommen gut, die Indie-Mitte ebenfalls. Im legeren Math-Sektor kann das aktuell niemand besser.
Ghost City
VÖ: 10.08.2018
Big Scary Monsters (AL!VE)
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