Sons Of Bill – Oh God Ma’am
Knapp dreieinhalb Jahre vergingen seit „Love And Logic“ – eine ungewöhnlich lange Pause, die unter anderem einer schweren Nervenverletzung von Gitarrist und Sänger James Wilson geschuldet war. Es sollte eine ganze Weile dauern, bis dieser wieder zur Gitarre greifen konnte. „Oh God Ma’am“ reflektiert jedoch überraschend wenig darauf. Stattdessen wurde es, so die ungewöhnliche Umschreibung, eine Art Coming-of-Age-Platte für Fortgeschrittene zwischen Post-Adoleszenz und Altersweisheit. Auch gut.
Am Sound selbst hat sich nicht viel geändert. Sons Of Bill waten weiterhin knietief in Alternative-Country-Gefilden, begleitet von Roots-Sounds, ein wenig Americana und Pop/Rock. Die Single „Believer / Pretender“ bringt den Sound der Wilson-Brüder auf den Punkt. Flott, durchaus beschwingt gehen sie zu Werk, täuschen oberflächliche Leichtigkeit vor und lassen doch eine gewisse seelische Schwere erkennen, die sich durch weite Teile des Albums zieht. Country trifft Frühling und Weltschmerz – die flirrenden Gitarren geben den Takt einer ungewöhnlichen Perle vor.
Im krassen Gegensatz dazu gibt sich die zweite Single „Easier“ eine Spur ruhiger und traditioneller. Gemeinsam mit Molly Parden intonieren Sons Of Bill feinsinnigen Country-Rock, fragil und doch von unwahrscheinlicher Schönheit. Wer es eine Spur leidenschaftlicher und flotter mag, lässt sich von „Old And Gray“ in hitverdächtige Alternative-Gefilde entführen. Der depressiv angehauchte Auftakt „Sweeter, Sadder, Farther Away“ wird hingegen seinem Namen gerecht und verlässt nur selten die aufwühlende Echokammer. Mit dem grandios entschleunigten „Good Mourning (They Can’t Break You Now)“ versteckt sich eine weitere überlange Perle gen Album-Mitte.
Aufwühlend, mitreißend und doch so einfühlsam: „Oh God Ma’am“ platziert sich, nicht ganz unerwartet, zwischen den Stühlen. Mit „Believer / Pretender“ und „Old And Gray“ verstecken sich zwei durchaus mainstreamtaugliche Monstrositäten auf der Platte, rundherum spielen Sons Of Bill jedoch mit traditionellen und reduzierten Elementen – der Brückenschlag zum letzten Album gelingt perfekt. Ein wenig Sehnsucht hier, ein wenig Abgeklärtheit da – die Herren aus Charlottesville, Virginia präsentieren sich in Bestform.
Oh God Ma’am
VÖ: 29.06.2018
Loose Music (Rough Trade)
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