serpentwithfeet – soil

Was passiert, wenn sich ein klassisch ausgebildeter Sänger und Musikwissenschaftler auf die Neugierde seiner musikalischen Jugend zurückbesinnt? Diese nicht gerade alltägliche Frage beantwortet Josiah Wise. Als serpentwithfeet widmet er sich experimentellen RnB- und Gospel-Klängen, durch elektronische Elemente verfremdet und somit wie eine etwas sanftere Version des frühen The Weeknd. „soil“ ist sein aufwühlendes Debütalbum.

Die Zutaten passen, das hilft natürlich ungemein. Bereits die beiden Vorboten verdeutlichen Wises Vision von elektronischen RnB-Sounds höchst anschaulich – und natürlich auch anhörbar. „bless ur heart“ rückte ans Ende des Albums und widmet sich als Rausschmeißer butterweichen, beinahe balladesken Klängen. Die butterweiche, bevorzugt in höhere Lagen abdriftende Stimme, das angenehm unpeinliche Piano, das auf ein strukturelles Minimum heruntergebrochene Beat-Konzept – was für ein bewegender und beeindrucker Trip.

An diese emotionale Tiefe kann „cherubim“ zwar nicht so ganz anknüpfen, steht dafür stellvertretend für weite Teile des Albums. Es geht etwas lebhafter zu, zuweilen sogar recht düster und hochgradig intensiv. Das reißt mit und erstreckt sich beispielsweise auf den schweren Groove des Openers „whisper“. Die Harmonien klingen ein wenig nach Coolio, der Gesang nach Joe. Weitere Überflieger, wie der lässige Bounce von „fragrant“, das manisch wabernde „waft“ oder das elektrisierende „seedless“, faszinieren von der ersten Sekunde an.

Beeindruckender Tiefgang trifft musikalisches Ausnahmetalent: Natürlich lässt sich herrlich darüber spekulieren, ob und in wie weit man entsprechende Klang-Melangen bereits gehört hat, doch eigentlich wäre diese Diskussion müßig. serpentwithfeet legt seine Seele offen, intensiviert die intime Stimmung der Tracks durch präzise gesetzte Beat-Konzepte, und erklärt „soil“ zum Readymade mit Hirn und Gefühl. Daran hat man sicher zu knabbern, spannend und über weite Strecken sogar großartig ist dieser Einstand allemal.

soil
VÖ: 08.06.2018
Secretly Canadian (Cargo Records)

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