Self Defense Family – Have You Considered Punk Music
Ein neues Album der Self Defense Family ist ein Erlebnis für sich. Wer ist neben Sänger Patrick Kindlon zu hören? Wer aus dem großen Künstlerkollektiv begleitet ihn demnächst auf Tour? Sieben Musiker sind auf dem aktuellen Bandfoto zu sehen, auf Platte klingt das – wie üblich, möchte man mittlerweile sagen – deutlich reduzierter. „Have You Considered Punk Music“ folgt abermals dem Prinzip der narrativen One-Take-Präsentation, von einem lyrischen Stream of Consciousness und geschickt inszeniertem musikalischen Kargland begleitet.
Post Rock? Post Punk? Self Defense Family! Der Sound der offenen Band entzieht sich abermals geschickt jeglicher Kategorisierung und lebt von seiner betonten Schwerfälligkeit. Wenn Kindlon in „Watcher At The Well“ immer heiserer wird, begleitet von stoischer Rhythmik und kaum Variationen, kann das zunächst schon mal langweilen. Irgendwann lässt man sich einlullen von der statischen Präsentation, von den aufwühlenden Lyrics, vom emotionalen Minimalismus, der überraschend viel Tiefgang in sich birgt.
Diese stille Methodik, sozusagen Anti-Post-Hardcore, zieht sich durch die gesamte Platte. Mit dem Titelsong „Have You Considered Punk Music“ ist Self Defense Family ein besonderes Meisterstück gelungen. Die Hinzunahme eines Pianos kommt gut, dezente Americana-Elemente verdichten das Geschehen. Im Opener „The Supremacy Of Pure Artistic Feeling“ bleibt es fragil, auch wenn der Chef selbst langsam aber sicher bleiernen Weltschmerz auf versagende Stimmbänder treffen lässt. Zwischen dem folkigen Twang des desolaten „The Right Kind Of Adult“, dem angenehm rauen „No Analog Nor Precedent“ und dem auf ein absolutes musikalischen Minimum reduzierten „Have You Considered Anything Else“ bleibt es hochgradig spannend.
Klar, „Have You Considered Punk Music“ ist eine jener Platten, die sich nur mit viel Geduld und weit offenen Ohren für Nonkonformität bewältigen lässt. Die reduzierte Antwort auf Broken Social Scene tastet sich durch einen wahren Wulst an Eindrücken, begleitet von betont schlicht gehaltener Musik. Das kann – wahlweise – unheimlich nerven oder so richtig mitreißen. Self Defense Family dachten an Punk Music und verwarfen diese schließlich komplett – ein Manifest der Antithese in bekömmlicher Portionierung.
Have You Considered Punk Music
VÖ: 29.06.2018
Run For Cover Records / Rykodisc (Warner Music)
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