Hysterese – Hysterese
Namen, so sagt man sich gerne, seien Schall und Rauch. Verzichten Hysterese daher auf Albumtitel? Aktuell erscheint ihre bereits dritte selbstbetitelte Platte. Ob nun mangelnde Kreativität oder Fokus auf die Musik dahintersteckt, ist eigentlich relativ egal. Tatsächlich versteht sich das Punk-Quartett aus Tübingen und Mannheim auf mächtige Hymnen und derbe Nackenschläge, die sogar gelegentlich gen Hardcore schielen. Mit dem Wechsel zu This Charming Man Records will man eine Spur poppiger geworden sein. Ecken und Kanten bleiben jedenfalls erhalten.
Das bissige „Fortune“ fasst diese neue Platte in knapp drei Minuten herrlich zusammen. Konstant gefährlich und richtig schön mächtig intoniert, schreien die Gitarren gar lautstark auf, jodeln und heulen durch feiste Strophen. Forderne Vocals, harmonische Backings und ein beinahe Indie-tauglicher Refrain steuern in geregeltere Bahnen, lassen dennoch einen Hauch von Core durchscheinen. Das folgende „Bloodshot“ hat noch viel mehr davon und erinnert im Chorus sogar ein klein wenig an At The Drive-In. Herrlich schief und doch ungemein melodisch angetragen, servieren Hysterese einen der besten Tracks ihrer neuen Platte mit sympathischer Vehemenz.
Natürlich haben sich auch klassischere Heavy-Hitter eingeschlichen, darunter das kurze aber effektive „Shame“, das durchaus etwas von Hardcore-Punk-Ursuppe hat. Wenn es um eingängigere Tracks geht, ist das sympathische „Echo“ weit vorne mit dabei, bleibt allerdings recht rastlos. Viel radiofreundlicher und zugleich unheimlich rotzig gibt sich „The Fighters“ – unbeqeuem und eingängig zugleich. In „Black Hearts“ lassen Hysterese schließlich nochmals ihre Muskeln spielen und setzen zum kurzzeitigen Weirdo-Gummitwist an.
In einer knappen halben Stunde ist dieser Drittling auch schon abgefrühstückt – eindrucksvoll und ohne ein Gramm Fett zu viel. Schräg und doch eingängig, lärmend und kraftvoll – Hysterese loten ein ganzes Genre aus, ohne in tatsächlich poppige Muster zu verfallen. Herausgekommen sind zehn weitere pipifeine Tracks mit gewaltigen Hooklines, derben Breitseiten und herrlicher Eigenständigkeit. Mit dem Kopf durch die Wand, das klang selten so gut.
Hysterese
VÖ: 30.03.2018
This Charming Man Records (Cargo Records)
Hysterese @ Bandcamp
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