Poliça And s t a r g a z e – Music For The Long Emergency
Gesucht und gefunden: Die Zusammenkunft der US-Electro-Pop-Revoluzzer Poliça und des Berliner Chamber-Avantgarde-Kollektivs s t a r g a z e basiert auf Improvisationen, Jam-Sessions und, angesichts der stattlichen Mitgliederzahl, etwas ungewöhnlichen Songwriting-Sessions. Bereits vergangenes Jahr entstanden Neuinterpretationen von Steve Reichs Album „Music For Pieces Of Wood“, nun gibt es mit „Music For The Long Emergency“ sogar komplett eigenes Material, das bereits 2016 unter den Eindrücken der US-Präsidentschaftswahl entstanden war.
Die einzelnen Tracks sind mindestens so bunt und ungewöhnlich wie die Musiker dahinter. „Fake Like“ eröffnet fluffig, federleicht und kombiniert verspielte elektronische Untertöne mit feinstem Folk. Channy Leaneaghs Gesang wirkt weicher denn je, die Chamber-Anteile tragen den Track zum feinsinnigen Opus Magnus. Im krassen Gegensatz dazu wagt sich „Cursed“ aufs Agit-Parkett mit wilder Hektik, Noise und einem Hauch von Atari Teenage Riot. Dass beide Welten problemlos nebeneinander funktionieren und sogar miteinander harmonieren, spricht für die beteiligten Musiker.
Deutlich spannender und komplexer gestalten sich die letzten beiden Songs, die mit 20 Minuten Spielzeit mehr als die Hälfte des Albums in Beschlag nehmen. Ein „How Is This Happening“ beginnt folkig-atmosphärisch, bevor Electronica, Avantgarde und ein Hauch von Jazz-Improvisation die Oberhand gewinnen. Der abschließende Titelsong wirkt hingegen wie aus einem Guss und rückt Leaneaghs Stimme in ein konfuses und doch so eingängiges Outfit aus wilden Samples, frühlingshaftem Electro-Pop und Sinnsuche.
Schwierig und doch irgendwie faszinierend schön: Tatsächlich ist jeder Track auf „Music For The Long Emergency“, zumindest in der Gesamtheit des Albums, ein kleiner Gewinn für sich. Poliça und s t a r g a z e entführen auf eine Reise für offene Ohren, die nicht immer ganz nachvollziehbar scheinen mag, letztlich aber doch den Weg in geregelte Bahnen findet. Hoher Anspruch, ein Hauch von Ohrwurmfreuden und sperriger Drang zu abgedrehten Experimenten machen diese neue musikalische Freundschaft zur charmanten Herausforderung. Geduld und Zeit für mindestens sieben bis acht Durchläufe sollte auf jeden Fall vorhanden sein.
Music For The Long Emergency
VÖ: 16.02.2018
Transgressive Records / PIAS Cooperative (Rough Trade)
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