Erdmöbel – Hinweise zum Gebrauch
„Hinweise zum Gebrauch“ als Name eines neuen Albums? Beim Konsum einer gewöhnlichen CD sollten Selbige wohl kaum nötig sein, doch bei den Kölner Kultbarden Erdmöbel wären sie angesichts der oft einzigartig-verschrobenen, teils ironischen, manchmal aber auch schrecklich verschwurbelten Texten gar nicht mal so fehl am Platze. Schließlich waren die DDR-Särge nur selten so zugänglich wie auf dem 2003 erschienenen, herrlich poppigen und bis heute besten Album „Altes Gasthaus Love“. Stellt sich also hauptsächlich die Frage, ob sich Ermöbel auf „Hinweise zum Gebrauch“ eher an diesem Meilenstein orientieren oder es mehr in Richtung sympathisch-chaotischer Kakophonien der Marke „Das Ende der Diät“ geht.
Zuerst sei festgestellt, dass Erdmöbel ihr bestes Album auch dieses Mal nicht toppen können, stellenweise aber doch recht nah herankommen. Zwar fällt der Opener „Ich bleibe jung“ noch recht zurückhaltend aus, doch die Vorab-Single „Hoffnungsmaschine“ ist endlich mal wieder ein richtiger Hitkandidat. Beschwingt und im höchsten Maße eingängig duellieren sich Sänger Markus Berges und die vielen noch von Wir sind Helden bekannte Gastvokalistin Judith Holofernes. Beim Sprechgesangs-Song „Tutorial“ stellt sich dann aber doch die Frage, ob das Kunst ist oder weg kann – jeder Hörer möge die Antwort für sich selber finden, interessant ist die Mischung aus Easy-Listening-Klängen und Gaga-Texten aber allemal.
„Veloso Bar“ ist dann wieder was für die Freunde eingängiger Popmusik-Klänge, bevor das bitterbös betitelte „Erschlagt die Armen“ sich zwar musikalisch angenehm einschmeichelt, textlich aber, typisch Erdmöbel, vor allem Rätsel aufgibt. Die namensgebenden „Hinweise zum Gebrauch“ erinnern dann schon fast an griechische Folklore, während „Party Deines Lebens“, der vielleicht eingängigste Erdmöbel-Song aller Zeiten, musikalisch sogar das immer noch grassierende 80er-Revival aufgreift. Genau so geht Abwechslung.
Wessen Gehör schließlich den Abschluss-Song „Barack Obama“ vernimmt, der textlich überraschenderweise die Karriere des verstorbenen Sängers Al Jarreau behandelt, der kam soeben in den Genuss von zehn Songs und 39 Minuten gewohnter Erdmöbel-Qualität, teils überraschend leichtgängig, in Teilen aber auch voller gewollt künstlerischer Hirnwindungsverkleisterer. In jedem Falle aber ist „Hinweise zum Gebrauch“ das musikalisch abwechslungsreichste Erdmöbel-Album und von daher absolut empfehlenswert für jeden Fan, während Einsteiger erst mal zum Klassiker „Altes Gasthaus Love“ greifen sollten. Wer sich dafür dann begeistern kann, der sollte einen Kauf von „Hinweise zum Gebrauch“ definitiv in Erwägung ziehen – und vielleicht auch die kommende Tour besuchen, die am 19. April in Leipzig startet!
Hinweise zum Gebrauch
VÖ: 23.02.2018
jippie! Industrie (Rough Trade)
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