Typhoon – Offerings
Wer auch immer gesagt hat, dass zu viele Köche den Brei verderben, hat die Rechnung ohne Typhoon gemacht. Bei den Damen und Herren aus Portland, Oregon stehen zeitweise bis zu elf Musiker auf der Bühne, von Chaos oder Überladenheit ist dennoch nichts zu spüren. Im Gegenteil: Die US-Amerikaner setzen auf bewegenden wie schlichten Indie Rock, der große Gefühle mit feiner Folk- und Americana-Note begleitet. „Offerings“ ist ihr mittlerweile fünftes Studioalbum.
Hinter diesem mit 68 Minuten durchaus überlangen Album steckt die Geschichte eines Mannes, der in vier Kapiteln sein Gedächtnis und damit auch sein Selbstempfinden verliert. Ein „Darker“ fasst Storyboard wie Sound herrlich zusammen. In knapp vier Minuten tasten sich Typhoon durch bewegende Klanglandschaften, in denen es auch schon mal laut werden darf. Die weitestgehend instrumentalen Passagen wirken schroff und zugleich eingängig, die Strophen rundherum bergen eine gewisse Fragilität in sich, die dennoch fordernd und selbstbewusst anmutet. Erinnerungen an frühe Arcade Fire werden wach.
Zugleich legen Typhoon schon mal ein Faible für überlange, verschachtelte Songs zu Tage, die dennoch angenehm entspannt und übersichtlich wirken. Ein „Empiricist“ dürfte mit seinen achteinhalb Minuten nicht funktionieren, brennt sich mit seinen verschiedenen Abschnitten und dezenten Pop-Momenten doch mindestens so großartig ein wie das balladeske Song-Fragment „Beachtowel“ oder das schroffe „Bergeron“. Mit „Rorschach“ springt der Hit dieses Albums aber bereits an zweiter Stelle entgegen – flott, beschwingt und doch so wunderschön understatet.
Klar, gelegentlich kann „Offerings“ mit seiner Überlänge und Vielschichtigkeit erdrücken, und doch steckt so unheimlich viel Herzblut in dieser Platte, dass man Typhoon selbst die überambitioniersten Ideen, wie den zwölfminütigen Rausschmeißer mit mehreren falschen Enden, einfach nicht übel nehmen kann. Dieses fünfte Studioalbum ist grundsympathisch, unwahrscheinlich eingängig, charmant und im Kern herrlich bittersüß – ein komplexes und letztlich doch schlichtes Werk für Indie-Feinschmecker.
Offerings
VÖ: 12.01.2018
Roll Call Records / House Arrest (AL!VE)
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