Robert Plant – Carry Fire
Zeit seiner ein halbes Jahrhundert umfassenden Karriere war Robert Plant ein Meister darin, sich und seinen Sound immer wieder neu zu erfinden. Daran hat sich bis heute nichts verändert. Zuletzt rückte der Brite auf „lullaby and… The Ceaseless Roar“ wieder sein World-Music-Faible in den Mittelpunkt und stellte seine neue Band The Sensational Space Shifters vor. Diese ist ihm, unter anderem um Seth Lakeman erweitert, erhalten geblieben, und scheint auf „Carry Fire“ endlich angekommen zu sein.
Musikalisch an das kurzweilige „lullaby and… The Ceaseless Roar“ anknüpfend, geht es abermals rund um die musikalische Welt. Die eröffnende Single „The May Queen“ kreuzt afrikanische Instrumentierung mit vertrauten Folk-Klängen und der titelgebenden Muse, die Plant bereits seit Led Zeppelin-Zeiten begleitet. Vier hibbelige und doch tiefenentspannte Minuten rücken die Band des Briten in den Mittelpunkt. Dass es auch anders geht, zeigt das forsche, durchaus rockige „Bones Of Saints“ oder die leicht verpeilte, dennoch sympathische Halb-Ballade „Dance With You Tonight“.
Was „Carry Fire“ so sympathisch macht, ist Plants Fähigkeit, selbst aus mittelmäßigen Ideen richtig gute Songs zu schnitzen. Ein „Season’s Song“ scheint anfangs als belanglose Gefühlsduselei vor sich hin zu plätschern. Ehe man sich versieht, summt man beim zweiten, dritten Refrain schon mit und ergibt sich der Schönheit des Songs. Die stärksten Tracks der Platte haben sich ohnehin in der zweiten Albumhälfte versteckt. „Keep It Hid“ verbindet World Music und Elektronik zu einer herrlich unorthodoxen Grenzerfahrung, das von Chrissie Hynde unterstützte Cover von „Bluebirds Over The Mountain“ brennt sich mit Anti-Americana-Charme ein und der herrlich ausufernde, von seiner arabesken Instrumentierung lebende Titelsong bewegt mit faszinierenden musikalischen Grenzerfahrungen.
Es dauert eine ganze Weile, bis „Carry Fire“ einigermaßen landen kann, doch gerade die bärenstarke zweite Hälfte macht Robert Plants neuesten Streich zur begeisternden Empfehlung. Die Kraft des neuen Materials liegt vor allem im Songwriting, in der überaus dichten Instrumentierung und in der durchaus verspielten, bewussten Art und Weise, wie der Brite seine Stimme dem großen Ganzen unterordnet. Von den jüngeren Überfliegern „Band Of Joy“ oder gar „Raising Sand“ ist „Carry Fire“ zwar noch ein wenig entfernt, die Tendenz zeigt allerdings wieder deutlich in Richtung Klassiker.
Carry Fire
VÖ: 13.10.2017
Nonesuch Records (Warner Music)
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