Iron Chic – You Can’t Stay Here
Musikgewordene Trauerarbeit – ein an sich schwieriges Feld, weil sehr persönlich und für Außenstehende oftmals schwer nachvollziehbar. Wüsste man jedoch nicht, dass Iron Chic sich auf ihrem dritten Album mit dem unerwarteten, plötzlichen Tod ihres wenige Monate zuvor ausgestiegenen Ex-Gitarristen Rob McAllister befassen, man käme angesichts der bärbeißigen, eingängigen Punk-Hymnen wohl kaum auf etwaige Gedanken. „You Can’t Stay Here“ vollbringt den seltenen Spagat zwischen weitestgehend konträren musikalischen und textlichen Bedeutungsebenen gar fabulös.
Sänger und Texter Jason Lubrano stellte sich der Herausforderung Verlustbewältigung, intensiviert die bereits auf den beiden Vorgängern betriebene Auseinandersetzung mit schweren, ganz und gar nicht fröhlichen Themen, und lässt dieses Mal keinen wirklichen Hoffnungsschimmer zu. Dieser konzentriert sich vornehmlich auf die musikalische Ebene: So heavy Tracks wie der Opener „A Headache With Pictures“ auch ausfallen, sie gehen fast sofort in Kopf und Beine – eingängig, bissig und durchaus tanzbar. „My Best Friend (Is A Nihilist)“ setzt sogar noch einen drauf und packt mächtige Melodien in einen waschechten Midtempo-Gassenhauer.
Nur in seltenen Momenten nähern sich Musik und Texte an. „Golgotha“ nimmt das Tempo heraus und ergeht sich in bleierner Schwere, bleibt aber nach wie vor hymnisch. Vielleicht gelingt „Ruinous Calamity“, eine Art Power-Ballade, die in Riffs umgemünzte Trauerarbeit noch am besten. Dass im direkten Anschluss mit „To Shreds, You Say?“ einer der schönsten, kraftvollsten Tracks der Platte folgt, passt ins Bild. Auch das herrlich poppige, unpeinliche „Let’s. Get. Dangerous.“ macht sich wunderbar im Album-Fluss.
Ein paar etwas bravere Filler in der zweiten Album-Hälfte drücken die Gesamtwertung zwar ein wenig, rundherum setzen Iron Chic jedoch ihre Serie an herrlichem Punk-Chic mit bärbeißigen Untertönen und emotionaler Schwerstarbeit gekonnt fort. „You Can’t Stay Here“ erweist sich als kurzweiliger Drittling mit gewohnt eingängigen Momenten, dicken Hymnen und cleverer Doppelbödigkeit. Kompromissloser und kompakter denn je, nähern sich Iron Chic ihrer Bestform an.
You Can’t Stay Here
VÖ: 13.10.2017
SideOneDummy Records (Cargo Records)
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