We Invented Paris – Catastrophe
Alles neu und doch gewissermaßen vertraut bei We Invented Paris: Das Künstlerkollektiv um den Schweizer Flavian Graber meldet sich nach einer Schaffenspause tiefenentspannt und tanzbar zurück. An die 70 Songs schrieb der Basler für sein neues Album, 13 haben es letztlich auf die Platte geschafft. Vom folkigen Pop vergangener Tage ist allerdings nichts mehr zu hören. Graber schnallt sich auf „Catastrophe“ eine Keytar um und kleidet gesellschaftskritische Texte in 80s-Synth-Pop.
Überraschungen am laufenden Band: Diese 49 Minuten nehmen wahrlich keine Gefangenen und fallen durchaus gewöhnungsbedürftig aus. Da wäre beispielsweise „Kaleidoscope“, der vielleicht aufdringlichste, poppigste Track des neuen Albums. Große, weltumarmende Pop-Momente erinnern ein wenig an die jüngere Coldplay-Vergangenheit, gekreuzt mit 80s-Wahn und dem unvermeidlichen Keytar-Solo. Das mag ungewöhnlich, anfangs sogar ein wenig schräg anmuten, macht nach ein paar Durchläufen aber ordentlich Laune.
Am anderen Ende des musikalischen Spektrums lauert „A Lake In The Morning“, das stellenweise ein wenig an die letzte Platte anknüpft. Feinsinnige, melancholische Magie zwischen Folk und Post Rock kann auch rein instrumental funktionieren. Dazwischen wird es herrlich intensiv mit dickem Indie-Einschlag („Superlove“), eine Spur übermannend, ja sogar leicht kitschig („Air Raid Shelter“), dann wieder fragil und lieblich („When Did I Stop“).
Der große Übersong fehlt „Catastrophe“ ebenso wie die ausgewogene Präsentation. Zu krass, zu plötzlich scheint der Einschnitt einer überdies eine Spur zu lang geratenen Platte, die sich nur selten zu so schrägen Momenten wie „Fuss“ hinreißen lässt. Kleinere Belanglosigkeiten drücken den Gesamteindruck ein wenig, wirklich schlecht ist hieran allerdings nichts. We Invented Paris entwickeln sich in eine unerwartete Richtung mit gewissen musikalischen Kinderkrankheiten. Es würde kaum überraschen, wenn die nächste Platte wieder ganz anders klänge.
Catastrophe
VÖ: 25.08.2017
Spectacular Spectacular (Cargo Records)
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