Helgen – Halb oder gar nicht
Im Norden der Republik, unweit und doch getrennt voneinander, geboren, mussten Helge, Niklas und Timon erst nach Hannover gehen, um sich beim Studiengang der Popmusik kennenzulernen. Gemeinsam ging es zurück nach Hamburg, wo Helge gegründet und prompt auf die Bühne gebracht wurden. Der musikalische Hintergrund der drei Herren könnte unterschiedlicher kaum sein, und doch einigte man sich auf gitarrengesteuerten Pop – Hallo, Studium! – mit cleveren deutschen Texten. „Halb oder gar nicht“ sprüht, gerade für ein Debütalbum, vor Kreativität und Spielfreude.
Wer nun jedoch auf generischen Gitarren-Pop wartet, wird – angenehm – enttäuscht. Die Single „Das Rätsel“ nimmt das Tempo weitestgehend raus und packt Handclaps sowie durchaus cleveres, leicht dubbiges Bass-Spiel in dieses luftig-leichte Stück Musik. „Schlecht“ intensiviert die Dub-Gehversuche noch weiter, begleitet von feinen Synthis und fragiler Nachdenklichkeit, bevor diese im abschließenden Titeltrack schließlich einen kleinen Höhepunkt finden. Hier bemühen sich Helgen um ausgedehnte Pausen und Zäsuren, begleitet von atmosphärischen Post-Rock-Elementen und engelsgleichen Fanfaren, ohne dabei jedoch ihren sympathisch eigentümlichen Sound-Mikrokosmos zu verlassen.
Natürlich geht es auch eine Spur direkter, wie im zweiten Vorboten „Nackt“. Helges Vocals transportieren ein charmant verschmitztes Lächeln, die Wohlfühl-Harmonien nebst legerem Minimalismus kommen sowieso gut. „Das Vergessnis“ zeigt die Band nicht nur textlich von ihrer Schokoladenseite, sondern rollt gekonnt langsam und konzentriert an, entfaltet seine volle Strahlkraft erst auf Raten. Zu brav? Das scharfkantige „Paul & Peter“ bläst den sprichwörtlichen Staub aus den Boxen und lässt frühe Wanda auf Anajo treffen.
Ungewöhnlich und doch – oder vielleicht gerade deswegen – so charmant: „Halb oder gar nicht“ lässt sich Zeit, um vollends abzuheben, und besticht schließlich mit schwer in Worte zu fassendem Charme. Helgen klingen gleichzeitig unwahrscheinlich vertraut und doch komplett anders als erwartet. Ihr herrlich unorthodoxer Ansatz bemüht gängige Pop- und Indie-Weisheiten von weniger bekannten Seiten, verbindet Alternative-Charme mit Ohrwurm-Garantie, umd bleibt dabei dennoch lässig genug für Plattenwühler. Eben ein Album zum Gernehören und genüsslichen Entdecken.
Halb oder gar nicht
VÖ: 04.08.2017
Chateau Lala (Broken Silence)
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