Everything Everything – A Fever Dream
In ihrer britischen Heimat seit geraumer Zeit in den oberen Regionen der Album-Charts vertreten, fristen Everything Everything in weiten Teilen Europas weiterhin ein unverdientes Rand-Dasein. Dabei versteht es neben alt-J kaum eine zweite Band so gut, cleveren Pop mit anspruchsvollen Arrangements und durchdachten Texten zu verbinden. „A Fever Dream“ das nunmehr vierte Studioalbum, kombiniert Math und Alternative abermals mit einer überaus kritischen Beobachtung des Weltgeschehens.
Abermals stimmt die Mischung aus zwingenden Quasi-Tanzflächen-Füllern und einfühlsameren, nachdenklicheren Nummern. Der Opener „Night Of The Long Knives“ scheint zunächst zwischen den Stühlen zu sitzen, hangelt sich dann jedoch über einen mitreißenden Chorus mit funkigen Synthi-Elementen mitten rein in ein gewaltiges, alles umarmendes Noise-Break, große Fanfaren und dicke Distortion inklusive. Die erste Single „Can’t Do“ wirkt vergleichsweise direkt. Eine altbekannte und doch immer wieder sympathische Math-Pop-Melodie entführt gen Alternative-Radio-Freundlichkeit.
Insgesamt scheinen dieses Mal jedoch die ruhigeren Tracks die Oberhand zu gewinnen, und das funktioniert zumeist recht gut. „Put Me Together“ gräbt musikalisch im Schmalztopf herum, kriegt mit seinem Mix aus souligen Vocals, instrumentalem Minimalismus und einem experimentellen Mittelteil dennoch die Kurve. Wer es eine Spur zwingender mag, lässt sich von den arabesken Elementen eines „Ivory Tower“ oder dem dicken, vielschichtigen Pop-Monster „Desire“ mitreißen. „White Whale“ mit überraschendem Beatles-Einfluss und das fordernde, zum Schluss hinaus leicht entstellte „Big Game“ bewegen und berühren hingegen.
Minimal ruhiger und doch gewohnt stark: Everything Everything ziehen ihren Stiefel auch auf „A Fever Dream“ konsequent durch. Am feinsinnigen Alternative-Konzept mit Math-Untertönen hat sich, abgesehen von einem Hauch mehr Balladen, nichts geändert. Zwischen lauten, experimentellen Pop-Giganten mit Dancefloor-Charme und gezielter Emotionalität spielt auch das vierte Album der britischen Feinschmecker reihenweise starke Stückchen – keine Überraschung und gerade deswegen überaus charmant.
A Fever Dream
VÖ: 18.08.2017
RCA Records (Sony Music)
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