First Breath After Coma – Drifter
First Breath After Coma – sounds relatable. Hinter dem ominösen Bandnamen steckt ein junges Quintett aus Portugal, das aktuell die internationale Post-Rock-Szenerie im Sturm erobert. Mit ihrem fragilen Mix aus beinahe proggiger Sinnsuche, ausladenden Sinnstrukturen und auf Atmosphäre ausgelegtem Art-Rock nehmen sie aktuell keine Gefangenen. Dass das Durchschnittsalter bei 24 Jahren liegt, passt beinahe ins Bild. Ihr zweites Album „Drifter“ macht Laune.
47 ausladende, butterweiche Minuten setzen konstant neue, kleine Highlights. Angefangen bei „Salty Eyes“, der ersten Auskopplung, scheint die Platte konstant zu wachsen, förmlich anzuschwellen. Eine vergleichsweise schroffe Gitarre weist den Weg durch Klangwelten, die sonst vor allem Explosions In The Sky und Radiohead vorbehalten bleiben. Glockenhelle, ätherische Vocals, ein Hauch von Editors und bunt schillernde Melodien schielen kurzzeitig gen Britpop, nur um schließlich doch wieder zaghaft voranzuschreiten. Das reduzierte, stellenweise fanfarenartige „Gold Morning Days“ erinnert stellenweise sogar an die poppigen Momente von Sigur Rós.
Es geht aber auch eine Spur intensiver und direkter. Der Zweiteiler „Tierra del Fuego“ zählt zu den Highlights dieses Zweitlings. Beide Abschnitte arbeiten nach einem ähnlichen Muster: langsamer Aufbau, proggig-poppige Melodien, wuchtige Explosion mit Nachdruck. Während „La Mar“, der erste Teil, dabei durchaus Ohrwurm-tauglich bleibt, eifert „Nisshing Maru“ zum Schluss deutlich härteren Post-Rock-Granden nach. Das kleine Percussion-Art-Rock-Wunder „Nagmani“, das zarte „Dandelions“ und der überraschend elektronische Rausschmeißer „Warmly“ verleihen der Platte zusätzlichen Tiefgang.
Gewöhnungsbedürftig und doch – oder vielleicht gerade deswegen – gut: Ähnlich wie zuletzt Mt. Wolf, platzieren sich First Breath After Coma zwischen mehreren Genre-Stühlen und bemühen sich um experimentelle Küche. Während die Briten qualitative Höhen und Tiefen erleben, macht das portugiesische Quintett aber fast alles richtig. Keine Ausreißer nach unten, mutige aber doch sinnige Experimente und ein überaus homogenes Gesamtbild lassen „Drifter“ leuchten. Komplexes, anspruchsvolles Auftreten hin oder her, First Breath After Coma verstehen ihren Sound bestens und faszinieren mit kunstvoller und doch emotional stimulierender Spielfreude.
Drifter
VÖ: 04.08.2017
popup-records (Soulfood Music)
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