Kevin Morby – City Music
Seine Woods-Vergangenheit hat Kevin Morby längst hinter sich gelassen. Aktuell agiert er als Suchender zwischen eigener Vergangenheit und dem Erbe seiner musikalischen Vorbilder. Wanderlust und urbane Grenzerfahrungen dienen als Ankerpunkt für „City Music“. Morbys viertes Album bewegt sich eine Spur weg von dessen autobiographischem Vorgänger. Vor dem inneren Auge des Singer/Songwriters starren die musikalischen Genies der 70er Jahre auf ihr Publikum und verarbeiten diese ungewöhnlichen Eindrücke in Form eines Mixtapes.
Bei einem solchen Mixtape tauchen allerlei unerwartete, durchaus ungewöhnliche Begleiter auf. Morby widmet sich gleich mehrfach den Punk-Anfängen. „1234“ ist eine Hommage an seine Jugendhelden Ramones, die längst die Bühne verlassen haben. Kurz, schmissig und leidenschaftlich verneigt er sich vor den mehrheitlich verstorbenen Legenden. Hinter dem folkigen, sanft angeschlagenen „Caught In My Eye“ versteckt sich tatsächlich ein Germs-Cover, das jedoch kaum weiter vom unkontrollierten Chaos des Originals entfernt sein könnte.
Gelegentlich nähert sich Morby dem Sound der musikalisch verwursteten Ära an. Ein „Aboard My Train“ taucht zunächst tief in die blühende Folkszene ein, nur um sich in der zweiten Hälfte schließlich zu einem großen, urtypischen Rocker zu entwickeln. In „Come To Me Now“ regiert hingegen Slowfood der einfühlsamen, beinahe balladesken Sorte. Pointierte Befindlichkeiten und schwebende Melodien wiegen in Sicherheit. Für das ellenlange „Night Time“ spielt Kevin Morby stellenweise sogar mit dem Great American Songbook – und vergreift sich einzig (und ausgerechnet) im etwas ziellosen Titelsong ein wenig.
Große Gefühle, clevere Arrangements und die stete Suche nach dem musikalischen Sinn: „City Music“ ist starker Tobak auf leisen Sohlen. Die emotionale Herangehensweise an Rock-Granden und eigene Vorbilder hört sich stellenweise wie eine ordentliche Herausforderung, und doch meistert Kevin Morby diese Hürde zwischen Folk, Singer/Songwriter, verkapptem Punk und angedeutetem Stadion-Rock fast durchgehend richtig stark. Eben eine Platte zum Gernehören.
City Music
VÖ: 16.06.2017
Dead Oceans (Cargo Records)
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