Hans Maria Richter – Die Welt zu Gast beim Feind
Aktuell verzichtet Knut Stenert auf Samba und widmet sich viel lieber großer Solo-Kunst unter neuem Namen. Während Zeitgenossen mit alten Großtaten durch die Lande touren, startet der Veteran der deutschen Indie-Szene als Hans Maria Richter neu durch. Auf „Die Welt zu Gast beim Feind“ geht musikalische Entschlackung mit nüchternen bis zynischen Alltagsbeobachtungen einher, die Versöhnlichkeit mit Fatalismus kollidieren lassen.
Leicht entfremdete Wave-Gitarren begleiten den zittrigen und doch fordernden Opener „Hey Hey Hey“. Musikalische und lyrische Widersprüche gehen Hand in Hand und peitschen sich im verträumten Midtempo-Bereich gegenseitig an. Das folgende „Das ist neu“ packt dicke Gitarren aus und erinnert ein wenig an die Hamburger Schule. Richter experimentiert mit Monotonie und Vergänglichkeit zwischen Indie-Club und vorgeschobener, zugleich widersprochener Altersmilde.
Clevere Lyrics und Slogans treffen auf gewitzte Wortspiele und echte Ohrwürmer. „Bergauf“ rollt gemächlich an und punktet mit schriller, melodischer Distortion, „Krähen“ spielt mit düsterer Lässigkeit, während „Kreuz und quer“ ein wenig an die jüngeren musikalischen Sterne-Exzesse erinnern. Ebenfalls bärenstark: „Mein Job ist gut“, das immer wieder neue kleine Wellen schlägt und Richters lyrische Adler heftig bluten lässt. Die obligatorische abschließende Halbballade „Unter dem Schirm“ nimmt schließlich keine Gefangenen.
Zwar wirken diese 36 Minuten beim ersten Durchlauf sogar ein klein wenig unscheinbar, doch hinter dem schüchtern wirkenden Auftreten versteckt sich eine unterhaltsame, stellenweise regelrecht geniale Platte. Als Hans Maria Richter stellt Stenert sogar die letzten Samba-Alben in den Schatten und gibt altbekannten Indie-Klängen ein neues, durchaus frischeres Antlitz. Lyrische Cleverness und erfrische Arrangements machen von vorne bis hinten Spaß – ein Feind, den man sich gerne ins Haus holt.
Die Welt zu Gast beim Feind
VÖ: 09.06.2017
Chateau Lala (Broken Silence)
Hans Maria Richter @ Facebook
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