All We Are – Sunny Hills
Pop war früher mehr als nur Hintergrundmusik – markige Worte, die das neue Album von All We Are begleiten. Das Trio aus Liverpool debütierte vor zwei Jahren mit einer mal funkigen, dann wieder leicht psychedelischen Platte, einem Sammelsurium aus fünf Jahrzehnten Genre-Geschichte mit kuriosen Ohrwürmern und unorthodoxem Ansatz. Nun steht „Sunny Hills“ in den Startlöchern, die Zuwendung zu organischeren Klängen, Technicolour und Avantgarde, ohne dabei auf unverschämt eingängige Melodien zu verzichten.
Ein „Human“, die aktuelle Video-Auskopplung, legt charmant und doch leicht verquer los. In den Strophen, so verhältnismäßig leise diese auch sein mögen, brodelt es stetig. Eindringlicher Gesang, fordernder Basslauf, ein paar Four-Letter-Words – und plötzlich wird es laut. Bei All We Are schimmert der Punk durch, doch unter all dem rotzigen Biss liegt ein grandioser Wave-Pop-Song begraben – ein erfrischender 80s-Kontrast, den auch „Waiting“ aufgreift. Hier mit etwas mehr Fernweh, ja sogar einer Prise Post Punk ausgestattet, werden die Briten zu Suchenden.
In „Dance“ wagen All We Are einen kleinen Querverweis zu ihrem Debütalbum. Diese gut drei Minuten gestalten sich unverschämt funky, durchaus sexy und leicht verrucht, dabei aber stets verschmitzt, den Schalk im Nacken wissend. Ein „Dreamer“ stürzt sich hingegen in Psych- und Kraut-Pop-Gefilde, und geht erst einmal sechs Minuten lang auf wilde Reise. Der laute, durchaus ungehobelte Schlussakt rüttelt richtig durch. Zugleich trägt der Opener „Burn It All Out“ mit seinem Synthi-Wahn ungemein dick auf, während das stellenweise leicht schüchterne „Youth“ auch durchaus vor drei Jahrzehnten funktioniert hätte.
40 durchaus atemberaubende Minuten später setzen All We Are zur Landung an. Es ist bestenfalls eine Zwischenlandung, denn die Repeat-Taste treibt sie sogleich erneut an. „Sunny Hills“ ist eine jener Platten, an der man sich nur schwer satthören kann. Zwischendurch schon mal ein wenig über die Stränge schlagend hinsichtlich Experimentalität, kehren die Liverpudlians doch immer wieder zu einer charmanten, packenden Melodie zurück, die sich binnen Sekunden festbeißt. Popmusik mit Anspruch – die etwas andere Sommerplatte.
Sunny Hills
VÖ: 09.06.2017
Domino Records (GoodToGo)
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