Dreamcar – Dreamcar

Dreamcar

No Doubt ohne Sängerin Gwen Stefani, dafür verstärkt durch das Organ von AFI-Vokalist Davey Havok? Zumindest von der Besetzung her könnte man das US-amerikanische Quartett Dreamcar auf diese simple Weise umschreiben, den musikalischen Kern würde man damit aber nur unzureichend treffen. Die 2014 gegründete Band erinnert nämlich allerhöchstens dezent an den punkigen Pop-Rock von No Doubt, während Post-Hardcore à la AFI hier gar keine Rolle spielt. Stattdessen geht die Reise auf dem Debütalbum „Dreamcar“ zurück in die 80er: New Wave, Post Punk und besonders New Romantic geben hier musikalisch den Ton an, angereichert durch einen dezenten Zuckerguss neuzeitlicher Elemente. Ob Dreamcar im Zuge des grassierenden 80er-Booms mit dieser Mischung eigene Akzente setzen können?

Tatsächlich ist diese Frage angesichts der hohen Qualität der Scheibe eindeutig zu bejahen. So weiß schon der Opener „After I Confess“ mit seiner Mischung aus rockigem Post Punk-Sound samt stimmiger Synthieuntermalung in jeder Hinsicht zu überzeugen. Deutlich poppiger fällt die mit einem Ohrwurmrefrain gesegnete Vorabsingle „Kill For Candy“ aus, ehe das Ruder bei „Born To Lie“ in Richtung melancholischer New Romantic-Klänge rumgerissen wird – Spandau Ballet lassen hier dezent grüßen. „On The Charts“ mutet dagegen wie eine perfekte Mischung aus Frankie Goes To Hollywood (Strophen) und Duran Duran (Refrain) an.

Diese vier Songs geben dann auch die Stoßrichtung für den Rest des Albums vor. Mal eher rockig wie bei „All Of The Dead Girls“, dann wieder beschwingt poppig (z.B. „Ever Lonely“), später aber auch zunehmend melancholisch-fragil („Slip On The Moon“ ist hier das perfekte Beispiel). Doch egal welcher Richtung der Vorrang gegeben wird, so wird doch jeder Song des Albums von einem hohen Maß an Niveau und emotionaler Intensität bestimmt.

Klar, neuartig oder gar revolutionär muten Dreamcar definitiv nicht an, doch wollen sie das vermutlich auch gar nicht. Entscheidend ist letztlich doch die Qualität, und da muss man festhalten, dass man diesen Retrosound auch im Zuge des 80er-Revivals sonst kaum so stimmig und perfekt wie hier dargeboten bekommt, sieht man mal von positiven Ausnahmen wie Drangsal oder, ganz aktuell, Espen Kraft ab. Dank des hohen Maßes an Abwechslung ist das Dreamcar-Debüt sogar noch etwas über genannten Interpreten einzuordnen – tatsächlich ist hier sogar die Höchstnote fällig, denn „Dreamcar“ enthält weder Ausfall noch Füllnummer und genügt von Anfang bis Ende auch höchsten musikalischen Ansprüchen. Man darf gespannt sein, ob Dreamcar die tollen Songs auch live auf diesem hohen Niveau darbieten können.

Dreamcar - Dreamcar

Dreamcar
VÖ: 12.05.2017
Columbia Records (Sony Music)

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