8kids – Denen die wir waren
Eines der ungeschriebenen Gesetze der Musikbranche lautet: In deutscher Sprache wird erst gesungen, wenn der Boom eines Genres schon wieder abklingt. Das war beim Punk so, ebenso beim Hardcore und, jüngstes Beispiel, beim Metalcore. Nun ist auch der Post-Hardcore an der Reihe. Die kommerzielle Erfolgswelle liegt mit Bands wie Funeral For A Friend, Thrice, Underoath und den Architects knapp zehn Jahre zurück, doch erst seit etwa drei Jahren gibt es mit Marathonmann oder Fjørt im deutschsprachigen Underground nennenswerte Bands. „Denen die wir waren“, das Debütalbum des Darmstädter Trios 8kids, könnte mit seinem poppigen Charme aber sogar im Mainstream für Aufsehen sorgen.
Dass die 8kids kommerzieller zu Werke gehen als vergleichbare Bands, zeigte sich bereits bei der Debüt-EP „Dämonen“, die im Sommer 2016 durchweg positive Kritiken einheimsen konnte. Von dieser hat es allerdings kein einziger Song auf „Denen die wir waren“ geschafft – die 8kids haben somit nicht den sicheren Weg gewählt und setzen komplett auf neues Material. Dieses ist jedoch keinen Deut schlechter als die bereits bekannten Songs, wie sich schon beim Opener „Bordsteinrand“ zeigt. Melancholische Atmosphäre, eingängige Melodien inklusive einer rockigen Note und der typische Post-Hardcore-Schreigesang, der genrefremde Gemüter wohl am ehesten an den Stil des Rappers Casper erinnern wird – all das zeichnet die Band um die Sänger und Gitarristen Hans Koch und Jonas Jakob sowie die britische Schlagzeugerin Emma McLellan aus.
„Über den Berg“ fällt im Anschluss deutlich fröhlicher aus und ginge fast schon in die Pop-Punk-Richtung – wäre da nicht doch auch hier ein Hauch von Schwermut im Hintergrund. Im weiteren Verlauf des sehr abwechslungsreichen Albums reiht sich Highlight an Highlight, auf das Post-Hardcore-typische „Ich kann die Welt spüren“ folgt etwa das im Alternative Rock-Bereich zu verortende, von Klargesang getragene „In den Sternen“, ehe die 8kids bei „Zeit“ unter Beweis stellen, dass sie auch das Balladenfach perfekt beherrschen. Wem das Album bis dahin zu soft war, der wird sich über den astreinen Metalcore-Song „Zerbrechen“ freuen.
Auf „Denen die wir waren“ stecken die 8kids musikalisch somit ein sehr weites Feld ab, auch gegen Ende des Albums gibt es immer wieder Überraschungen wie die weiblichen Vocals bei „Winter in dir“ zu hören. Das ganze Album spielt sich dabei auf einem musikalisch extrem hohen Niveau ab, Schwachstellen muss man mit der Lupe suchen. Der Pop-Fan mag sich mehr Klargesang wünschen, während es für Fans der härteren Richtung gerne etwas heftiger zugehen könnte. Die 8kids haben sich sozusagen zwischen die Stühle gesetzt und bedienen auf ihrem Album gleich mehrere Zielgruppen. Letztlich stellt die Band aber unter Beweis, dass sie in jedem der dargebotenen Musikstile hohe Qualität abliefert – und genau darin liegt auch ihre Stärke. Wer daran immer noch Zweifel haben sollte, kann sich auf der ersten Headliner-Tour der Band ab Ende Mai gerne eines Besseren belehren lassen.
Denen die wir waren
VÖ: 26.05.2017
Napalm Records (Universal Music)
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