Thurston Moore – Rock N Roll Consciousness

Thurston Moore

Sonic Youth liegen seit der Scheidung von Kim Gordon und Thurston Moore brach. Während sich Gordon nach Body/Head und ihrer Autobiographie aktuell um ihre Solokarriere kümmert, gibt sich Moore umtriebiger denn je. Neben diversen Projekten und Gastauftritten tourt der mittlerweile in London wohnende Endfünfziger mit seiner Thurston Moore Group im Zeichen semi-avantgardistischer Gitarrenmusik. „Rock N Roll Consciousness“ ist sein fünftes Soloalbum, wohl aber nur am Cover ohne Moores Group.

Fünf Visionen versuchen das Medium Song zu sprengen. Thurston Moore geht zwar mit klar definierten, umrissenen Ideen ans Werk – zumindest will man ihm das so attestieren -, driftet jedoch mehr und mehr gen Jam und Klangforschung ab. Noise, Avantgarde und Alternative gehen Hand in Hand, wenn das zuweilen an Sonic Youth erinnernde „Cusp“ nach etwas sucht, das in irdischen Sphären nicht zu existieren scheint. Macht nichts, denn in dieser Tour de Force mit dezentem My Bloody Valentine-Einschlag – Debbie Googe ist Teil der Group – kocht die Spannung sechseinhalb Minuten lang über. Gerade der übermäßig laute, schroffe Mittelteil zählt zu den ergreifendsten Momenten dieser Platte.

Wobei: Wie ergreifend kann semi-geregeltes Chaos tatsächlich sein? Moore schert sich erst gar nicht um solche Überlegungen und packt einen Zwölfminüter an den Anfang des Albums. „Exalted“ pendelt in seiner ersten Hälfte zwischen Classic-Rock-Soli, Math-Riffing und Kraut-Prog, nur um etwas später mit Alternative-Chic zu kokettieren – komplex, schwer greifbar und gewöhnungsbedürftig, wie auch der Rest der Platte.

In dieser verhaltenen Unnahbarkeit liegt allerdings auch der große Reiz von „Rock N Roll Consciousness“, das für die Post-Shoegaze-Klangreise von „Smoke Of Dreams“ ebenso Platz findet wie für das entstellte, immer langsamer werdende „Aphrodite“ oder das filigrane, stellenweise gar montone „Turn On“. Tatsächlich ist Thurston Moores fünftes Solowerk abermals eine dieser wahnwitzigen Ideen geworden, die am besten in ihrer Gesamtheit funktioniert und, abgesehen vom genialen „Cusp“, kaum ohne die Summe der einzelnen Teile leben könnte. „Rock N Roll Consciousness“ wächst und gedeiht mit jedem Durchlauf und punktet mit eben jenem kauzigen Charme, den man sich von der Alternative-Legende Moore erwartet.

Thurston Moore - Rock N Roll Consciousness

Rock N Roll Consciousness
VÖ: 28.04.2017
Caroline International (Universal Music)

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