SWMRS – Drive North
Im ersten Anlauf ein klein wenig untergegangen, laufen SWMRS nun ein weiteres Mal zu Höchstform auf. Das Punk-Quartett aus Oakland, Kalifornien vermengt Kompromisslosigkeit mit bissigen, durchaus sarkastischen Texten und nicht zu verachtendem Pop-Appeal, das immer wieder durch die sperrigen Arrangements durchscheint. Ihr Debütalbum „Drive North“ hätte sich im vergangenen Jahr gewiss mehr Aufmerksamkeit verdient. Da konnt der Remastered-Re-Release mit zwei Bonus-Songs genau richtig.
„Harry Dean“ eröffnet mit knapp drei lauten, wilden Minuten, die zwischendurch immer wieder wenige Sekunden für unwiderstehliche Hooks lassen – und damit wäre der Grundtenor dieser Platte zwischen PUP, The Dirty Nil und alten Prä-Grunge-Sub-Pop-Releases auch schon auf den Punkt gebracht. „Brb“ packt aus dem Nirgendwo einen schroffen und doch poppigen Refrain mit schrägem Gesang aus, während „Miss Yer Kiss“ über eine flötengegangene Beziehung mit all ihren körperlichen, sinnlichen und seelischen Vorteilen im gemächlichen Midtempo-Bereich philosophiert – fertig ist das charmante Eröffnungstrio.
Natürlich packen SWMRS auch dahinter einige Wellenbrecher aus. Die Ode an „Miley“ holpert zunächst ein wenig, punktet dafür mit einem weiteren überlebensgroßen Chorus, „Ruining My Pretending“ überrascht mit beschwingtem Retro-Pop, bevor der Titelsong zur bitterbösen, kratzbürstigen Abrechnung mit Los Angeles wird. SWMRS-Tipp: Weiter gen Norden fahren, irgendwann kommt man schließlich, natürlich, nach Oakland. Die beiden neuen Songs „Palm Trees“ und „Lose It“ liefern zwar kaum neue Erkenntnisse – einmal schroff und eingängig, einmal Anti-Pop mit Understatement -, passen aber perfekt zum übrigen Material.
SWMRS reihen sich nahtlos in die Riege poppig-schroffer, zumalen durchaus noisiger Punk-Bands ein, die aktuell in Wellen über den großen Teich nach Europa schwappen. Vielleicht nicht durchgängig genial und doch ungemein unterhaltsam: „Drive North“ ist ein mächtiges Album, ein gitarrenbehaftetes Statement zwischen laut und leise, schön und hässlich, ungestüm und handzahm. Und ja, Los Angeles ist wirklich doof.
Drive North
VÖ: 14.04.2017
Fueled By Ramen / Atlantic Records (Warner Music)
SWMRS @ Home | @ Facebook
„Drive North“ @ Amazon kaufen