Hathors – Panem Et Circenses
Seattle? Nein, Hathors kommen immer noch aus der Schweiz, erinnern mit ihrem noisigen, angepunkten Garagen-Grunge aber durchaus an die 90er Jahre, als frustrierte Poesie und Flanellhemden groß im Trend waren. Alles nur Floskeln, zurück zu den Eidgenossen: Zwei Jahre nach „Brainwash“ sind sie zurück mit einem fix ins Lineup integrierten Drummer, der zugleich für neue Songwriting-Dynamik sorgte. Mehr Power und Wahnwitz: „Panem Et Circenses“ macht verdammt viel richtig.
Brot und Spiele oder Zuckerbrot und Peitsche? So ganz können sich Hathors mit ihren düsteren, zuweilen durchaus politischen und sozialkritischen Texten nicht entscheiden, während die Songs an sich abwechselnd krachen und bedrohlich brummen. Das ellenlange „Watching You“ macht aus einer unscheinbaren Idee verdammt viel. Beinahe balladesk legen die Strophen los, selbst im Refrain geht es durchaus gefühlsecht zu. Die erwartete Kratzbürstigkeit wird auf ein Minimum reduziert und von flirrenden Melodiebögen sowie fiesen, schroffen Gitarren bombardiert.
Bereits das folgende „Pyramid“ erfüllt die Erwartungen etwas mehr mit ruppigem Auftreten, kurzen Singalongs und einer herrlichen Riff-Wand, die stellenweise sogar Stoner-Assoziationen zulässt. In „Banshee“ treffen schließlich beide Welten aufeinander. Lange Zeit brodelt es nur, dann explodieren Hathors förmlich und verlieren sich in filigraner, melodischer Gitarrenarbeit. „Lucifer“ bemüht sich um ähnliche Gefilde, wirkt zugleich aber komplexer, verquerer. Der leichte Math-Bounce zum Ende hin überrascht ebenso wie der mächtige, radiofreundliche Chorus im Titelsong oder der getriebene Ohrwurm „Dull Steed Laughter“.
Wenn man so will, öffnen sich Hathors einerseits ein wenig weiter und finden andererseits ihre musikalische innere Mitte. „Panem Et Circenses“ wirkt deutlich fokussierter und pointierter als seine beiden Vorgänger. Allzu großes Chaos bleibt aus, stattdessen rocken, brodeln und kratzen die einzelnen Tracks mit hörbar mehr Nachdruck und lassen zudem ein paar weitere Ohrwürmer vom Stapel. Mehr noch, die Schweizer haben endlich ihre eigene Identität gefunden und entwachsen dem Seattle-Banner langsam aber sicher.
Panem Et Circenses
VÖ: 07.04.2017
Noisolution (Soulfood Music)
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