Exquirla – Para Quienes Aún Viven

Nur in Spanien könnte ein Projekt wie Exquirla funktionieren. Hinter diesem ominösen Namen stecken die instrumentalen Post-Rocker Toundra und der populäre Flamenco-Newcomer Niño de Elche. Auf gegenseitige Bewunderung, nachdem man sich auf einem Festival traf, folgte die Bandgründung und schließlich ein vielfach gefeierter Auftritt, der nun sogar zu einem gemeinsamen Album führt. „Para Quienes Aún Viven“ (dt. „Für all jene, die noch leben“), das darf ohne Übertreibung gesagt werden, zählt schon jetzt zu den besten Platten des Jahres.

Der kleine Aufgalopp „Canción de E“ ist bestenfalls ein Vorgeschmack; „Destruidnos Juntos“ entführt binnen Sekunden tief in das gemeinsame musikalische Konzept der Spanier. Mit einfachsten Stilmitteln bauen Toundra Spannung auf, immer wieder sind einzelne Vocalfetzen zu hören. Es dauert eine ganze Weile, bis der Neunminüter in die Gänge kommt. de Elches Gesang wirkt in diesem Umfeld ungewöhnlich. Zwischen fordernden, energischen Passagen und dezent arabesken Stimmbandübungen singt er sich in einen Rausch, bis die Band das Tempo rausnimmt. Kurzer, genretypischer Neuaufbau, dann explodieren beide Parteien. Der furiose Schluss lässt sprachlos zurück.

Es geht sogar noch eine Spur besser: „Un Hombre“ vermittelt musikalische Perfektion, ausgedehnt auf zehn versöhnliche und doch atemlose Minuten. Die erste Hälfte gehört fast ausschließlich der Instrumental-Abteilung. Sanftes Hin- und Herwogen legt das Fundament, dann folgt die plötzliche Explosion. Niño de Elche singt sich in Ekstase, rast förmlich über das Arrangement, nur um im richtigen Moment Zurückhaltung zu üben. Dann noch einmal Vollgas, das stete Wiederholen des Songtitels und plötzliche, spontane Tränen der Rührung – welch Monstrosität.

Natürlich stecken überaus erfahrene und unwahrscheinlich talentierte Musiker hinter Exquirla, und doch überrascht die schiere Wucht und Schönheit des gemeinsamen Einstands immer wieder. „Para Quienes Aún Viven“ kratzt an musikgewordener Perfektion. Post Rock und Flamenco funktionieren nicht nur zusammen, der unorthodoxe und doch so leidenschaftliche Sound der Spanier setzt Maßstäbe. Schnell verliert man sich in 55 bewegenden Minuten, die, wie bereits eingangs erwähnt, die Jahresbestenlisten verdient mitbestimmen werden.

Para Quienes Aún Viven
VÖ: 17.02.2017
Superball Music (Sony Music)

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