The Dears – Times Infinity Volume One
Lange Jahre litt das europäische Publikum unter akutem Dears-Entzug. Das kanadische Trio um Mastermind und Gründer Murray Lightburn sowie Keyboarderin Natalia Yanchak versteht es wie keine andere Band, die unbändig elektrisierende Power von Indie und Alternative Rock mit Pop Noir, Post Rock und düster-samtigen Sounds zu vermengen. „Times Infinity Volume One“, in Nordamerika bereits 2015 erschienen, schafft nun endlich den Weg über den großen Teich und zeichnet ein, zumindest stellenweise, ungewohnt positives Klangbild.
Ein Hauch von Rock’n’Roll und Wall of Sound wälzt sich durch neun mittlerweile nicht mehr ganz so neue Songs. Die Video-Auskopplung „I Used To Pray For The Heavens To Fall“ startet in media res, explodiert förmlich und blubbert schließlich relativ gemächlich vor sich hin. Der schräge, elektronisch angehauchte Twang steht im krassen Gegensatz zum ellenlangen, unheimlich lauten Intro, das wie eine überdimensionale Fanfare aus den Boxen blubbert. Wenn „To Hold And Have“ im direkten Anschluss das Understatement der Strophen erneut aufgreift und in einen semi-balladesken Giganten mit Streichern und einem Hauch von Herzschmerz einbindet, entstehen ungemein bewegende Momente.
„Times Infinity Volume One“ punktet durch seine Bandbreite. Das vorwitzige, zwischen College Rock, Funk und Pop Noir pendelnde „Someday All This Will Be Yours“ ist mindestens so sympathisch wie der vertrackte, schräge Opener „We Lost Everything“ und das zähe, emotional aufwühlende „Hell Hath Frozen In Your Eyes“ mit kurzem Radiohead-Moment. Wenn Natalia Yanchak schließlich im abschließenden „Onward And Downward“ zum Mikrofon greift und über Jazz- sowie Trompeten-Loops „in the end one will die alone“ anstimmt, entsteht ein Wechselbad aus kalten Schauern und zynischem Gelächter.
So finster und resignierend der Schlussakt auch klingen mag, „Times Infinity Volume One“ zeigt The Dears von einer selten positiven, energischen, durchaus elektrisierenden und lebensbejahenden Seite. Intensive Songs, dichte Arrangements, pointierte Lyrics und clevere stilistische Bandbreite neben eingängigen Anti-Hits werfen natürlich die Frage auf, warum es erst jetzt – endlich – zum verspäteten Release dieser Platte kommt. Der zweite Teil soll noch in diesem Jahr erscheinen und deutlich finsterer ausfallen – hoffentlich auch hierzulande möglichst zeitnah, denn nach diesem magischen Aufgalopp dürsten blutende Herzen nach mehr.
Times Infinity Volume One
VÖ: 03.02.2017
Dangerbird Records (Membran)
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